Mit ihrem ersten Roman liefert Susanne Gerdom märchenhafte Fantasy ohne viel Blutvergießen. Im Auftakt zu ihrer Anida-Trilogie bedroht eine dunkle Macht aus der Provinz Nebelhort die Welt. Deshalb müssen die Zwillinge Adina und Anida zusammenkommen und die Herzen, geheimnisvolle Schmuckstücke der Grennach, wieder an einem Ort vereinen. So lautet eine alte Prophezeiung. Von dieser Prophezeiung und auch voneinander wissen die Zwillinge allerdings nichts. Die störrische … mehrund dürre Anida bricht aus ihrem Elternhaus aus, schließt sich einer Schwesternschaft an und versucht, sich als Frau in einer archaischen Welt zu behaupten. Adina, genannt Eddy, wächst dagegen in einer Parallelwelt auf, als Diebin in den Großstadtslums am Rande eines galaktischen Imperiums. Mit anmutigen Formulierungen entführt Susanne Gerdom ihre Leser in die Welt(en) ihrer Heldinnen, macht sie in allen Einzelheiten und mit Humor mit den Figuren vertraut. Dabei umgibt Anidas Welt immer etwas Märchenhaftes, während in der Science-Fiction-Handlung, die Adina in der ersten Person erzählt, harte und freche Töne überwiegen. All das verheißt ein Lesevergnügen für Freunde deutscher Fantasy im Stile von Markus Heitz oder Harald Evers. Doch leider wird der große erzählerische Bogen nicht so recht gespannt. Nur hin und wieder gibt es Andeutungen auf alte Geheimnisse und dunkle Gefahren, doch diesen Dingen wird nicht nachgegangen. Nicht einmal die Protagonisten gehen ihnen wirklich auf den Grund. Sie verlieren sich in zwischenmenschlichen Hochs und Tiefs, die zuweilen ebenso einer inneren Stimmigkeit entbehren wie die äußere Handlung. Dadurch wird die Bedrohlichkeit der Provinz Nebelhort für den Leser weder spürbar noch plausibel. Das ist durchaus schade, denn die Vielzahl liebevoll und plastisch geschilderter Figuren und der schöne und schlichte Schreibstil Susanne Gerdoms lassen ein deutschsprachiges Fantasy-Epos ganz besonderer Güte erhoffen. Entsprechend darf man zumindest auf die Folgebände gespannt sein. --Simon Weinert weniger