Campino hat ein Problem. Die Stimme ist weg. "Sie müssen sie pflegen, sie ist ihr Arbeitsgerät, ihr Kapital", sagt der Arzt. Campinos Welt gerät ins Wanken. Stimme pflegen? -- das war ja schon deshalb Scheiße, weil es nach Artisten-Dasein und Handwerker-Gewissenhaftigkeit klang. Spülungen mit Kochsalzlösung statt der vertrauten Altbierdiät! Heimliches Stimmbandtraining vor dem Auftritt! "Mein Gott, wär' das peinlich, wenn mich Andi oder Kuddel so sehen würden. Das … mehrgrenzte fast schon an Verrat." Hier haben wir die Arbeitsphilosophie der Toten Hosen und der gesamten Punkbewegung in einer Nußschale. "Wenn all diese Bands einen gemeinsamen Nenner hatten, dann war es der Angriff auf diese Pose des 'professionellen' Musikers. Dieser Typ des Gitarren-Wichsers, der seine Riffs möglichst perfekt runterschrubbt, ohne auch nur die kleinste Faser von sich preiszugeben. Entseelte Kunst-Kacke eben und eine Form der Herrschaft, gegen die es anzugehen galt!" Da ist was dran. Die Idee war damals weg. Mitte der 70er Jahre beherrschten Bands wie Toto, Yes oder Saga den Markt. Deren Mitglieder hatten die feinsten Musikkonservatorien in L.A. absolviert -- entsprechend klangen ihre Welthits. Eine Gegenbewegung mußte also her. Und da standen in Deutschland die Toten Hosen an vorderster Front. Das Buch ist ein launiger Spielbericht dieser chronisch Arbeitsunwilligen: von ihren Anfängen im Dezember '81 im Neusser Okie-Dokie, zu Millionensellern, die die größten Hallen füllen. Devise: Keine Ahnung, aber Mordspower. Altbier fließt in Strömen. Mädels? Kein Problem. Neonazis schon. 1992, auf dem Höhepunkt des Fremdenhasses, zeigten Campino & Co. mit ihrer Single "Sascha... ein aufrechter Deutscher", was wir an ihnen haben. Die "Fanpost" hierzu spricht Bände. Gut, solche chaotischen Kulturschaffenden zu haben! --Ravi Unger weniger