Erzeugnisse aus Bollywood , Indiens Megafilmindustrie, gewähren Einblicke in eine merkwürdige Kinowelt. Küssen (von deftigeren Körperkontakten ganz zu schweigen), ist auf indischen Leinwänden zensurbedingt strikt verboten. Tirilieren dagegen Pflicht, wenn der Platzhirsch die Angebete durchs exotische Gehölz jagt. Ein lasziver Augenaufschlag verspricht alle Wonnen auf Erden. Gut und Böse werden durch edles Gemüt und Schurkenbärtchen klar erkennbar definiert, In … mehrquietschfarbener Kulisse schmachten sich Superstars, die hierzulande kaum einer kennt, durch saccharintriefende Singspiele von oft gnadenloser Schlichtheit. Was sich westlichem Filmkunstverständnis weitgehend entzieht, wird uns nun von Shashi Tharoor nahegebracht. Sein Filmheld Ashok Banjara geleitet uns in einer ironisch vielschichtigen Realsatire direkt ins Herz des Bollywood-Betriebssystems. Und hier kommt einem einiges seltsam bekannt vor! Wie sich die Klischees doch gleichen: Die Produzentencouch als Bewerbungsprüfstand, entnervte Regisseure, händchenflatternde Choreografen, alternde Diven, Cheetah, die giftschleudernde Filmkritikerin. Mittendrin, Ashok Banjara, Ministersöhnchen und von keinerlei schauspielerischem Talent getrübt, der sich zu Bollywoods erfolgreichstem Aushängeschild hochschläft. Ob er als Geheimagent den mächtigen Godambo in einer hanebüchenen Bond-Parodie in die Schranken verweist, eine Art indischen Blofeld, der seine Widersacher per Falltür ins Haifischbecken entsorgt, oder die aufwändig restaurierte Altmimin Abha mit zuckersüßen Versen umgurrt -- Ashok gilt dem dankbaren indischen Filmfan als Inbegriff des Edlen und Guten. Weit gefehlt, wie Gattin Maya nur zu gut weiß! Shashi Tharoors zuweilen verwirrendes Skript eines Emporkömmlings und Überfliegers mixt munter Filmhandlungen und Drehbuchdialoge mit real Erlebtem. Die Moral der blumig metaphernreich erzählten Story: Wie schon manchen westlichen Star -- auch hier finden sich Parallelen - packt Ashok, den Unmoralischen, der Größenwahn. Weder reichen ihm seine auf Schweizer Konten gebunkerten Schwarzgelder, noch befriedigen ihn seine zahlreichen Affären. Ashok Banjara geht in die Politik. Und stürzt bald in der Publikumsgunst gnadenlos ab. Am Ende bleibt ihm noch ein letzter Film. Es wird ein Katastrophenfilm! Bollywood -- eine merkwürdige Kinowelt! --Ravi Unger weniger