Christoph Keller, jüngster von drei Söhnen einer St. Galler Fabrikantenfamilie, erfährt als Letzter, dass auch er, wie seine Brüder, an Spinaler Muskelatrophie (SMA) leidet (Typ III, Kugelberg-Welander). Die unheilbare Krankheit bricht etwa im Alter von zehn Jahren aus und wird zunehmend schlimmer. Die Muskeln gehorchen einfach immer weniger. "Wer mit einer fortschreitenden Erkrankung lebt, macht es sich zur Routine, täglich zu testen, was noch funktioniert." Wie es ihm … mehrergehen wird, hat Keller mit seinen Brüdern ständig vor sich. Die eigentlich harmlose Frage "Wie geht es?" bekommt bei Keller eine ganz andere, fast unanständige Bedeutung. Dies ist die eine Geschichte, die Krankengeschichte quasi, die Keller brillant und schonungslos erzählt. Ohne Bitterkeit, aber mit Bestimmtheit. Klar und deutlich formuliert Keller auch seine Forderungen an die Öffentlichkeit, Gehbehinderungen aus dem Weg zu räumen, mit spitzer Ironie weist er wie beiläufig auf die ganz alltäglichen Diskriminierungen hin, die ein Leben am Stock und später im Rollstuhl mit sich bringen. "In Flugzeugen findet sich manchmal das internationale Rollstuhlzeichen an den ansonsten unveränderten WC-Kabinen; als sei so das Problem gelöst." Der Nichtbehinderte liest es mit Schaudern und ungläubigem Erstaunen. Mindestens ebenso fesselnd ist die Familiengeschichte. Der Vater, ein zu Beginn noch erfolgreicher Unternehmer und fast schon krankhafter Sammler, schwerer Trinker, ist die zentrale Figur, neben unglücklichen und umso glücklicheren Lieben. Nach dem väterlichen Konkurs folgt die Scheidung und ein mit allen Mitteln geführter juristischer Kleinkrieg. Der Vater, nun ausschließlich als Galerist tätig, beschimpft die Mutter, kann sich nicht mit seinen drei "Krüppeln" abfinden, ist verbittert und verbiestert. Die Annäherungen sind ein berührendes Zeugnis eines ebenso unabwendbaren zwischenmenschlichen Scheiterns wie es SMA auch ist. Kellers Roman mit dem so passenden Titel Der beste Tänzer ist eine eindrückliche Lektüre, meisterhaft geschrieben, ideenreich komponiert und ebenso liebevoll gestaltet. --Martin Walker weniger