Mit einem Klumpfuß geboren und einem Sprachfehler behaftet, verliert Philip Carey früh seine Eltern und ist ein gefundenes Fressen für die Hänseleien seiner Mitschüler, gegen die er sich mit Brillanz und Sarkasmus wehrt. Bis er zu sich selbst findet und zur Ruhe kommt, ist es ein schmerzhafter Prozeß, geprägt von der Suche nach der eigenen Berufung ebenso wie von der Sehnsucht nach erfüllter Liebe.
Zusatztext:
In traditioneller Erzählweise und chronologisch wird die … mehrEntwicklung und
der schmerzhafte Bewusstwerdungsprozess von Philip Carey geschildert, der
seelisch unter seinem Klumpfuß leidet. Früh verliert Philip seine Eltern
und muss die Engstirnigkeit seines puritanischen Onkels William ertragen,
eines selbstgerechten Dorfpfarrers, bei dem er fortan lebt. Im Internat
wird er wegen seines körperlichen Gebrechens gehänselt. Durch seine brillanten
Leistungen gewinnt er in der Schule an Achtung, verlässt diese aber ein
Jahr vor seinem Abschluss. Seine weiterer Lebensweg verläuft planlos: Philipp
studiert ein Jahr lang in Heidelberg, beginnt in London eine kaufmännische
Lehre, die er nicht abschließt, und scheitert bei seinen Versuchen, in
Paris Malerei und in London Medizin zu studieren. Er gerät in den Bannkreis
der Kellnerin Mildred Rogers, die ihn rücksichtslos ausnutzt und betrügt,
aus deren Bannkreis er sich aber schließlich zu befreien vermag. Er verzichtet
auf eine weitere Sinndeutung des Lebens sowie hochfahrende Zukunftsträume.
In der Beziehung mit Sally, der Tochter des Journalisten Athelyn, der ihm
in manchen Krisenzeiten eine Stütze war, findet er seinen Frieden und lässt
sich schließlich als Landarzt nieder.
Leseprobe:
Grau und trübe brach der Tag an. Die Wolken hingen schwer,
und es war eine Rauheit in der Luft, die an Schnee gemahnte.
Eine Hausangestellte trat in ein Zimmer, in dem ein Kind schlief,
und zog die Vorhänge zurück. Sie warf einen mechanischen
Blick auf das gegenüberliegende Haus, ein Stuckhaus mit einem
Säulenportal, und trat an das Bett des Kindes.
»Wach auf, Philip«, sagte sie. Sie schlug die Decke
zurück, nahm ihn auf den Arm und trug ihn hinunter. Er war
noch im Halbschlaf. »Deine Mutter läßt dich holen«,
sagte sie.
Sie öffnete die Tür eines im unteren Stockwerk gelegenen
Zimmers und trug das Kind zu einem Bett, in dem eine Frau lag.
Es war seine Mutter. Sie streckte die Arme aus, und der Knabe
schmiegte sich zärtlich an sie. Er fragte nicht, warum man
ihn geweckt hatte. Die Frau küßte seine Augen und
befühlte mit ihren mageren kleinen Händen seinen warmen
Körper unter dem weißen Flanellnachthemd. Sie drückte
ihn fester an sich.
»Bist du schläfrig, Liebling?« fragte sie.
Ihre Stimme war so schwach, als käme sie bereits aus großer
Ferne. Das Kind antwortete nicht, aber lächelte wohlig.
Es fühlte sich sehr glücklich in dem großen,
warmen Bett, in der sanften Umarmung. Es versuchte, sich so klein
wie möglich zu machen, während es sich an seine Mutter
kuschelte, und schlaftrunken küßte sie es. Dann schloß
es die Augen und war im nächsten Augenblick fest eingeschlafen.
Der Arzt trat näher und blieb neben dem Bett stehen.
»Ach, nehmen Sie ihn mir noch nicht weg«, stöhnte
sie.
Ohne zu antworten, sah sie der Arzt ernst an. Sie wußte,
daß sie das Kind nun nicht mehr lange würde behalten
dürfen, und küßte es abermals. Dann fuhr sie
mit der Hand über seinen Körper, bis sie zu den Füßen
kam; sie nahm den rechten Fuß in die Hand und belastete
die fünf kleinen Zehen; dann ließ sie die Hand langsam
über den linken gleiten. Sie schluchzte auf.
»Was haben Sie denn?« fragte der Arzt. »Sind Sie
müde?«
Sie schüttelte den Kopf, unfähig zu sprechen, und Tränen
rollten über ihre Wangen. Der Arzt beugte sich zu ihr nieder.
»Lassen Sie mich ihn nehmen.«
Sie war zu schwach, um Widerstand zu leisten, und überließ
ihm das Kind. Der Arzt übergab es dem Kindermädchen. weniger