Die Landschaft ist idyllisch, doch die Atmosphäre mehr als vergiftet: Nachdem ein Bauer beim Torfstechen in einem irischen Moor den Kopf (und nur den Kopf!) einer jungen rothaarigen Frau entdeckt hat, von der man weder feststellen kann, wer sie ist, noch wann sie gelebt hat, ist das Dorf in Aufruhr. Schnell werden Stimmen laut, dass es sich um die drei Jahre zuvor mitsamt ihrem Kleinkind spurlos verschwundene Frau des reichsten Mannes am Ort handeln müsse, der seitdem … mehrzwar trauernde Verzweiflung zur Schau trug, von dem aber doch viele glauben, dass er seine Familie getötet habe. Dieser Verdacht ist schnell widerlegt -- und dennoch: Irgendeinen Zusammenhang zwischen den beiden Fällen scheint es zu geben. Der Archäologe Cormac Maguire ist beauftragt, die Moorleiche zu sichern; die junge und natürlich hübsche Pathologin Nora Gavin soll den Kopf anschließend untersuchen. Diese beiden Wissenschaftler bilden, vom Dorfpolizisten einmal abgesehen, das Detektivgespann dieses Romans, das sowohl dem Rätsel der im Moor gefundenen Frau als auch dem Verschwinden von Frau und Kind des Gutsherrn auf der Spur ist. Beide haben dunkle Stellen in ihrer Vergangenheit, die in diesen Fall hineinragen und das Geschehen etwas verkomplizieren; auch -- man ahnt es -- das Verhältnis zwischen den beiden nimmt einen gewissen Teil des Romans ein. Die Frau im Moor , der Erstlingsroman der jungen Amerikanerin Erin Hart, ist ein etwas unbeholfen konstruierter Krimi: Der Spannungsbogen ist oft sinnlos unterbrochen, der logische Aufbau holprig, die ganze Grundkonstellation mit dem oft recht unbegründet in der Szenerie herumstolpernden Pärchen steht in punkto Glaubwürdigkeit auf ziemlich wackligen Beinen. Wer sich einen "Pathologie-Thriller" à la Kathy Reichs erhofft, dem sei gleich abgeraten; von der wissenschaftlichen Präzision der Romane um die forensische Anthropologin Tempe Brennan ist dieses Buch meilenweit entfernt. Im Gegenteil, von Naturwissenschaft sollte man nicht allzu viel verstehen, das verdirbt nur den Spaß (warum genau ist die Pathologin nicht in der Lage zu bestimmen, wie viele Jahrzehnte oder Jahrhunderte die Frau mit abgetrenntem Kopf schon tot ist?). Vielleicht ist das Buch ja etwas für Irland-Fans, die Freude an stimmigen Landschaftsbeschreibungen, treffenden Figurenzeichnungen und Ausflügen in die traditionelle irische Volkskultur haben und dafür in Kauf nehmen, dass die Krimihandlung zeitweise etwas in den Hintergrund tritt und sanft wie ein irischer Bach dahinplätschert. --Christoph Nettersheim weniger