Das Netz gebiert -- Bücher. John Brockman hatte die Idee, Wissenschaftler per E-Mail um Statements anzugehen: Was, bitte, sei wohl die weltbewegendste Erfindung der soeben gerade verrauschten zwei Jahrtausende? Herausgekommen ist -- nun leider nichts Weltbewegendes: Mal wird der Buchdruck genannt, mal das Internet (Variante B: Das Papier, das Bite). Aber auch Marketing, Atombombe oder der Müll wurden gekürt. Und vielerlei anderes Gerümpel. Kurz: Es herrscht … mehrBeliebigkeit. Vor allem aber wirken viele der mitgelieferten Begründungen eigentümlich hingerotzt. Und hier nun wird der Band interessant: Lesevergnügen verschaffen nämlich fast nur jene Beiträge, die für die deutsche Ausgabe eigens in Auftrag gegeben wurden. Nicht wegen der deutschen Autoren, sondern einfach weil die Texte, statt als E-Mail das Licht des Bildschirms zu erblicken, ganz konventionell gefeilt und poliert wurden, wie es die Höflichkeit einem großen Leserkreis gegenüber gebietet. E-Mails taugen nicht zum Buch, lautet mithin die eine Erkenntnis und die zweite: Umfragen ersetzen nicht den Gedanken. Brockman ist Literaturagent, versteht es, laut zu trommeln und kennt die Crème der US-amerikanischen Neurobiologen und Kommunikationsforscher. Aber schon sein Bucherfolg von 1995, Die dritte Kultur. Das Weltbild der modernen Naturwissenschaft, hatte etwas von einem Hype: Lauter einzelne Beiträge von Berühmtheiten ergaben auch dort nicht das versprochene Ganze. Internet? Großartig. Ohne könnten Sie zum Beispiel diese Klasse-Rezension nicht lesen. E-Mail? Prima. Sonst könnten Sie hier kein Buch bestellen. Aber die Erwartung, auch das Denken würde irgendwie turbomäßig schneller und echte Bücher wären nun überflüssig: Sie trügt. Dank an John Brockman, er hat es bewiesen. --Michael Winteroll weniger