Zusammenfassung: Die Geschichte, wie eine Stadtmaus zur Zugmaus wird, in Paris die Gefahr lieben lernt, im Zirkus Salambo auf dem hohen Seil tanzt, und wie alles doch noch zu einem guten Ende kommt.
Klappentext:
"Einfach rundherum liebenswert."… mehr
Frankfurter Allgemeine Zeitung
Auf Krümelsuche im Münchner Hauptbahnhof schlüpft der kleine Mäuserich Stefan in einen Eisenbahnwaggon. Und hier beginnt für ihn eine spannende Abenteuerreise, auf der er nicht nur das Käseparadies Schweiz und die Baguette-Hauptstadt Paris kennen lernt. Mit einem Zirkuszug gelangt Stefan sogar nach England. Doch auch die reiselustigste Maus bekommt irgendwann Heimweh
Zusatztext: "Einfach rundherum liebenswert."Frankfurter Allgemeine ZeitungAuf Krümelsuche im Münchner Hauptbahnhof schlüpft der kleine Mäuserich Stefan in einen Eisenbahnwaggon. Und hier beginnt für ihn eine spannende Abenteuerreise, auf der er nicht nur das Käseparadies Schweiz und die Baguette-Hauptstadt Paris kennen lernt. Mit einem Zirkuszug gelangt Stefan sogar nach England. Doch auch die reiselustigste Maus bekommt irgendwann Heimweh
Leseprobe: 1. Wo warst du denn die ganze Zeit?""Bist du wirklich nach Paris gekommen?" "Und wo hast du dich im Zug versteckt?" So werde ich immer wieder gefragt und muss jedes Mal meine Abenteuer erzählen.Inzwischen erreichen mich sogar Briefe und ich werde darin gefragt, wie man am leichtesten nach Paris kommt. Um nicht alles jedes Mal wieder neu erzählen zu müssen, habe ich mich entschlossen meine Geschichte aufzuschreiben.Ich bin eine gewöhnliche Hausmaus und heiße Stefan. Aber alle nennen mich Mausebiber. Wie ich zu diesem seltsamen Namengekommen bin? Als Kind hatte ich die Angewohnheit, Baumstämme anzunagen, und zwar so, wie es sonst nur die Biber tun. Meine Eltern standen vor einem Rätsel. Und manchmal glaubte mein Vater schon, dass ich gar keine richtige Maus sei. Aber dann, als ich älter wurde, hörte ich mit der Nagerei plötzlich auf. Ich hatte wohl eingesehen, dass ich mit meinen kleinen Mausezähnen keine Bäume fällen konnte.Geboren wurde ich in München, und zwar in der Paradiesstraße. Wer jetzt glaubt, dieser Straßenname sei eine Erfindung von mir, der soll sich einen Münchner Stadtplan besorgen und darin die Straße suchen. Die Straße gibt es wirklich. Nur mein Geburtshaus steht leider nicht mehr.Es war ein wunderschönes altes Haus, das inmitten neuer, sehr hoher Häuser stand. Hinter unserem Haus lag ein kleiner Hof und darin standen zwei Holunderbüsche. Im Keller des Hauses lebten wir, die Mausefamilie: meine Mutter, mein Vater, mein Großvater und meine Geschwister. Meine Brüder: Großzahn, Kurzschwanz und Weißpfote, und meine kleine Schwester: Lilofee. Über uns wohnte ein alter Mann, der hieß Ehlers und hatte einen Kater, der wurde Carlo genannt. Manchmal gab es auf dem Hof ein fürchterliches Gekeife und Gebell. Dann war Isegrimm heruntergekommen und jagte Carlo. Isegrimm war ein Pudel und wohnte unter dem Dach bei dem Maler Kringel. Herr Kringel malte Bilder und aß gern Käse und Weißbrot. Aus diesem Grund war er auch bei uns Mäusen sehr beliebt. Isegrimm war früher beim Zirkus gewesen und war viel herumgekommen in der Welt. Er konnte auf zwei Beinen laufen und manchmal, wenn wir Mausekinder ihn darum baten, machte er uns einen Salto vor. Er war sehr freundlich zu uns Mäusen und verstand sich auch sonst mit allen möglichen Tieren gut - nur mit Katzen nicht. Katzen hasste er. Und das nicht allein darum, weil er ein Hund war. Es gab da noch einen anderen Grund.Isegrimm war nämlich in dem Zirkus zwei Jahre lang zusammen mit einer Katze aufgetreten. Die Katze lag mit einem Babyhäubchen in einem Kinderwagen, und Isegrimm, der ein kurzes weißes Kleidchen trug, musste die Katze durch die Manege schieben. Die Katze zischelte ihm dann immer eine Hässlichkeit zu. Er durfte ihr aber nicht an den Pelz, sondern musste sie vor den vielen Zuschauern im Kreis herumschieben.Dann, eines Abends, konnte er nicht mehr an sich halten. Sie hatte ihm zugeflüstert: "Ach du liebe Güte, Isegrimm, siehst du komisch aus, in diesem kurzen Kleidchen, mit deinen krummen Beinen."Da hatte er den Kinderwagen losgelassen und war auf sie zugestürzt. Die Katze sprang aus dem Wagen und rannte in die Zuschauerreihen. Isegrimm jagte sie durch das Zirkuszelt. Die Menschen sprangen auf, lachten und schrien.Von dem Abend an durfte Isegrimm nicht mehr auftreten, und der Zirkusdirektor verkaufte ihn an den Maler Kringel.So kam es, dass der Kater Carlo für die Heimtücke der Zirkuskatze büßen musste. Der eben noch freundliche und ruhige Isegrimm bekam ein gefährliches Funkeln in den Augen, wenn er Carlo entdeckte: "Katze ist Katze, die sind alle gleich", sagte er dann wütend.Wir gaben ihm Recht.Dabei war Carlo schon uralt und, wenn man ehrlich war, recht freundlich. Mein Großvater sagte manchmal: "Lasst mal den alten Carlo, der hat sich inzwischen die Krallen abgewetzt."Großvater und Carlo waren gemeinsam in dem Haus in der Paradiesstraße groß geworden.Der Großvater erzählte uns: "Früher, in jungen Jahren, da war der Carlo ein ganz gefährlicher Mäusejäger. Oft saß er stundenlang mucksmäuschenstill vor einem Mauseloch. Und dann, wenn man dachte, jetzt kann er nicht mehr da sein, und man hinauskroch, schlug er blitzschnell mit seinen Krallen zu. So habe ich alle meine Geschwister verloren", sagte Großvater und schwieg einen Augenblick. Dann fuhr er fort:"Einmal hatte Carlo auch mich beinahe erwischt. Ich konnte gerade noch in ein Mauseloch stürzen, aber nicht mehr rechtzeitig den Schwanz hineinziehen, tja, und da hat er ihn mir abgebissen."Großvater hielt, wenn er uns von der Gefährlichkeit der Katzen erzählte, jedes Mal warnend seinen Stummelschwanz hoch: "Katzen sind gefährlich."Aber inzwischen war Carlo, wie schon gesagt, alt geworden. Und der alte Ehlers kaufte für ihn beim Schlachter reichlich Fleisch. So saß der Kater meist satt und schläfrig auf dem Fensterbrett und ließ sich von der Sonne seine alten Pfoten wärmen.Manchmal, aber nur noch selten, packte ihn die Jagdleidenschaft. Dann rannte er plötzlich hinter einer von uns Mäusen her, aber nur langsam und wie im Traum. Dennoch durften wir Mausekinder nur dann auf den Hof, wenn Großvater oder Isegrimm unten war.Großvater saß dann auch in der Sonne, neben Carlo, aber nicht zu nahe, und die beiden Alten unterhielten sich und redeten davon, wie es früher war.
Informationen zum Autor:
Uwe Timm wurde 1940 in Hamburg geboren. Er war der Nachzügler in der Familie und stand bei seinem autoritären Vater im Schatten des 16 Jahre älteren Bruders Karl-Heinz, der sich freiwillig zur SS-Totenkopfdivision meldete und 1943 in einem Lazarett in der Ukraine starb. In seiner autobiografischen Erzählung "Am Beispiel meines Bruders" (2003) unternahm Uwe Timm Jahrzehnte später den Versuch einer literarischen Annäherung an Bruder und Vater.
Geschichten faszinierten Uwe Timm von klein auf: Er lauschte dem "Seemannsgarn" seines Großvaters, einem Kapitän, schlich immer wieder zu seiner Tante ins Hafenviertel, in deren Küche sich Leute aus dem Rotlichtmilieu trafen, und schrieb schon als Schuljunge eigene Geschichten. Er machte eine Kürschnerlehre, die Prüfung bestand er mit Auszeichnung. Nach dem Tod des Vaters leitete er 3 Jahre lang das Kürschnergeschäft, machte dann am Braunschweig-Kolleg sein Abitur und studierte in München und Paris Philosophie und Germanistik. Er promovierte mit einer Arbeit über Albert Camus. Anschließend studierte er Soziologie und Volkswirtschaftslehre.
Den Aufbruch Ende der sechziger Jahre erlebte Uwe Timm als Student aktiv mit - und setzte der Studentenrevolte mit seinem ersten Roman "Heißer Sommer" (1974) ein literarisches Denkmal. Uwe Timm gehört zu den wichtigsten Vertretern der 68er-Generation, die Aufarbeitung dieser Zeit zieht sich durch sein gesamtes Werk. In dem Roman "Kerbels Flucht" (1980) zerbricht ein Münchner Student und Taxifahrer an der Gesellschaft, und in "Rot" (2001) lässt Uwe Timm 30 Jahre jüngste deutsche Geschichte Revue passieren.
Neben der Auseinandersetzung mit der eigenen reizen den Autor auch fremde Kulturen: Seine Recherche- und Entdeckungsreisen führten ihn unter anderem bis nach Namibia, Peru und auf die Osterinseln. So handelt der Roman "Morenga" (1978) vom Kolonialkrieg in Deutsch-Südwestafrika im Jahre 1904, "Der Schlangenbaum" (1986) spielt in Südamerika, und in "Vogel, friß die Feige nicht. Römische Aufzeichnungen" (1989) dokumentiert Uwe Timm einen zweijährigen Aufenthalt in der Hauptstadt Italiens. Heute lebt er in München und Berlin.
Uwe Timm ist dem Besonderen im Alltäglichen auf der Spur. Die Ausgangspunkte für seine Bücher sind real: Kindheitserinnerungen im "Mann auf dem Hochrad" (1984) oder in der "Entdeckung der Currywurst" (1993), eine Geschichte über die Kartoffel in "Johannisnacht" (1996) oder eben auch allgemein gesellschaftspolitische Betrachtungen wie in "Rot" oder "Kopfjäger" (1991). Und doch geht es dem Schriftsteller nie um ein getreues Abbild der Wirklichkeit: "Der Erzähler erzählt nicht nur nach, sondern neu und anders, nämlich wie es sein könnte, er erzählt eine andere Wirklichkeit."
Der Vater von vier Kindern verfasste auch vier Kinder- und Jugendbücher - "Rennschwein Rudi Rüssel" (1989), sein bekanntestes, wurde mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet und fürs Kino verfilmt - und machte in den letzten Jahren mit der "Bubi Scholz Story" und "Eine Hand voll Gras" als Drehbuchautor auf sich aufmerksam. Für seine zahlreichen Romane und Erzählungen erhielt Uwe Timm verschiedene Auszeichnungen und Preise, zuletzt den Großen Literaturpreis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste (2001) und den Tukanpreis der Landeshauptstadt München, 2002 den Literaturpreis der Landeshauptstadt München sowie den Schubart-Literaturpreis (2003) und den Erik-Reger-Preis der Zukunftsinitiative des Landes Rheinland-Pfalz. weniger