»Fast jeden Sonnabend vor dem Abendgottesdienst drang aus zwei Kellerfenstern eines alten schmutzigen Hauses, das dem Kaufmann Petunnikow gehörte, erbittertes Weibergeschrei auf den engen, mit allerhand Gerümpel vollgestopften und mit baufälligen hölzernen Nebengebäuden verbauten Hof.
'Hör auf! Hör auf, du Säufer, Satan!' schrie die Frau mit tiefer Altstimme.
'Lass!' antwortete ihr der Tenor des Mannes.
'Ich Iaß dich nicht, Ungeheuer!'
'Quatsch! Du läßt mich!'… mehr
'Und wenn du mich totschlägst, ich lasse dich nicht!'
'Du? Quatsch, Ketzerin!'
'O Gott! Er schlägt mich tot! O Gott!'
'Du läßt mich!'«
Maxim Gorki (eig. Alexej Maximowitsch Peschkow), 1868 - 1936, zählt in der Literatur der Neuzeit zu den engagierten Kämpfern für die Gleichberechtigung der Frau. Bereits 1934 veröffentlichte er seine heute noch immer aktuelle Forderung, eine eigenständige »Geschichte der Frauen« zu erforschen und niederzuschreiben. Folgerichtig leuchtet er mit seinen Erzählungen in die brutale Lebenswirklichkeit der Frauen hinein und stemmt sich gegen die Lüge von der Minderwertigkeit des weiblichen Geschlechts. 14 seiner
berühmtesten Geschichten, darunter 'Die alte Isergil' und 'Malwa', prangern Gewalt in der Ehe, elende Lebensbedingungen, Prostitution und materielle Ausbeutung als perverse Formen von weiblicher Versklavung an. In welchem sozialen Milieu die Frauen auch leben: Kaum eine resigniert; sie kämpfen mit aller Kraft, sich aus den unwürdigen Lebensverhältnissen zu lösen. weniger