Aischa ist angewidert. Schließlich muss sich die palästinensische Aktivistin mit einem jungen Israeli treffen, um ihren -- wie sie findet gerechten -- Plan durchzuführen. Sie hat ihm von Brüsten und Verlangen erzählt, von Emotionen, von denen sie vorgab, dass es ihre eigenen seien. Sie hat ihn heiß gemacht und vom Damaskustor ein Taxi zum zeitweiligen Busbahnhof in der Salah ad-din-Street genommen, um ihn abzuholen. Dabei gehen seine und ihre Erwartungen wohl arg … mehrauseinander. Denn Aischa hat Daniel, so der Name des niederländisch-israelischen Jungen, in eine tödliche Falle gelockt -- nicht zuletzt mit Hilfe des Internets und der Zeichensprache seiner nur vermeintlich eindeutigen, eigentlich aber anonymen Symbole, der Emoticons. Von jetzt an führte sie die Regie, heißt es im Roman Emoticon. das war ihre Geschichte. Emoticon der niederländischen Autorin Jessica Durlacher (Das Gewissen, Die Tochter) funktioniert ganz ähnlich wie diese Symbole: Jeder Leser wird, je nach Couleur seiner Ansichten, etwas anderes in die befremdende Handlung hineinlesen und auf sie reagieren. Dabei geht es nicht nur um politische Rache, Liebe, Männer, die Eifersucht und die Freundschaft zwischen Ester und Lola, Daniels Mutter. Es geht vor allem auch um die Geschichte eines zerrissenen Landes, das einfach nicht zur Ruhe kommen will. Dass Durlacher dabei über weite Strecken nur erzählt, und dies mit einer der Geschichte angemessen Kombination aus Nähe und Distanz zu den Figuren, die psychologisch alle einen Grund für ihr Handeln haben, tut der Geschichte, die nicht nur die von Aischa ist, mehr als gut. Gerade darin nämlich liegt der eindringliche, verstörende Reiz von Emoticon -- ein Buch, dass seinen Leser von der ersten zur letzten Seite gefangen hält. --Stefan Kellerer weniger