Dass durchaus Gelungenes dabei herauskommen kann, wenn Journalisten vor Ort genau hinsehen, die richtigen Fragen stellen und die Antworten im professionellen Reportagestil verarbeiten, zeigt dieses voluminöse Buch des Spiegel-Teams. Auf über 500 Seiten reihen 20 Autoren unzählige Info-Mosaiksteine aneinander, so dass ein sehr informatives und ausgewogenes Gesamtbild des Irak-Krieges entsteht. Die chronologische Anordnung der kurzen, manchmal nur wenige Stunden … mehrverarbeitenden Textbausteine und der Newsticker zu Beginn vieler Abschnitte geben dem Leser das Gefühl, ein "Kriegstagebuch" vor sich zu haben. Die Texte spiegeln die Komplexität, das menschliche Leid, aber auch die Faszination dieses ersten einer ganz neuen Generation von Kriegen wider. An einigen Stellen zeigt sich, dass die Autoren -- trotz aller Vorsicht -- gegenüber der Faszination der technisierten und vernetzten US-Kriegsführung nicht immun sind. Besonders authentisch wird der Text, wo Menschen auf beiden Seiten zu Wort kommen: der fanatisierte Baath-Funktionär, der die Niederlage nicht sehen will, die selbstbewusste US-Soldatin, die sich mit der Terrorbekämpfung auseinander setzen muss, oder die wütenden GIs, die nur knapp dem Friendly Fire entronnen sind. Auch die irakischen Opfer erhalten eine Stimme. Der Krieg hat viele Gesichter. Wieder einmal erweist sich dies als nur zu wahr. Obwohl der Verlauf der Kriegshandlungen im Vordergrund steht, kommt auch die Vor- und Nachgeschichte des Krieges nicht zu kurz. Dabei wird die Rolle der USA durchaus kritisch beurteilt. Klar ist zwar, dass es die konkurrenzlose Militärmaschinerie den Vereinigten Staaten auf lange Zeit ermöglichen wird, derartige Kriege zu führen und zu gewinnen. Doch für den "Krieg nach dem Krieg" sind die USA weitaus weniger gut gerüstet. Die abschließende systematische Geschichte über den Irak-Krieg liegt mit diesem Buch noch nicht vor (so weit das überhaupt möglich ist), doch das vorliegende Mosaik aus Fakten und Erlebnissen gibt ein tiefenscharfes Bild davon ab, wie dieser Krieg abgelaufen ist. Reichlich überflüssig scheint die ausgiebige "US-Waffenschau" auf Hochglanzpapier -- allerdings ist auch dies eine Fassette des Krieges. --Dr. Manfred Schwarzmeier weniger