Vom Saulus zum Paulus, von einem Extrem zum anderen. Wie sich der Verfolger der frühen Christenheit zu einem ihrer hartnäckigsten Fürsprecher und Vorkämpfer entwickelte, zeichnet der Nicht-Theologe Dieter Hildebrandt sorgfältig und mit großer Liebe zum Detail nach. Was bewog Paulus zu solchem Sinneswandel? Wie wird er ausgesehen, gelebt und gedacht haben? Was war das Besondere an ihm? Anhand seiner Briefe muß Paulus Rede und Antwort stehen, sich nicht selten vom … mehrAutor hinterfragen bzw. in Frage stellen lassen. Hildebrandt nimmt den Leser mit auf die großen Missionsreisen des Paulus, zeigt Höhen und Tiefen, Glücksgefühle und Mißhandlungen des Apostels. Statt eines entrückten Heiligen begegnet man einer höchst widersprüchlichen Person, die sich stur um Kopf und Kragen redet. Der Wunsch, Paulus für unsere Gegenwart zum Sprechen zu bringen, beherrscht dieses Buch. Situationen, die der paulinischen Erfahrungswelt vergleichbar sind, werden konstruiert, Literaturzitate herangezogenen, Zeitungsartikel oder Volksweisheiten ins Spiel gebracht. Mit Fingerspitzengefühl werden altbekannte Klischees behandelt, das Bild vom Frauenfeind z.B. relativiert und Paulus somit teilweise rehabilitiert. Vor dem Hintergrund geschichtlicher Recherchen werden paulinische Aussagen ins rechte Licht gerückt. und auch die Rivalität zwischen Petrus und Paulus spannend in Szene gesetzt. Saulus/Paulus liest sich beinahe wie ein historischer Roman. Erfrischend wenig Raum nehmen wissenschaftliche Erörterungen ein, so daß dem Lesegenuß des Laien nichts im Wege steht. Dennoch bleibt der neuere Forschungsstand nicht außen vor, sondern ist verständlich in den Gang der Handlung eingewoben. Bei Hildebrandt steht nicht nur eine Konfession im Mittelpunkt des Interesses, alle werden berücksichtigt. Gerade durch diese Offenheit -- kombiniert mit kritischem Menschenverstand -- entsteht ein fesselndes Psychogramm des Paulus, das für ein denkbar breites Publikum geschaffen ist. --Larissa Carina Seelbach weniger