Würde Hemingways alter Mann heute mit seinem Fang den abendlichen Heimathafen anlaufen, ihm würde wahrscheinlich der Schwertfisch von der Jolle kullern angesichts dessen, was er inzwischen dort zu sehen bekäme. "Wenn es in Castros Kuba in jener chaotischen Zeit etwas im Überfluss gibt, sind es herrliche, schamlose und selbstbewusste Frauen," tropft es bereits aus dem Klappentext. Von der chaotischen politischen Lage wenig, stellt uns der Autor dafür umso mehr von … mehrHavannas herrlich schamlosen Frauen zur freien Verfügung. Mal findet man sie auf Kaimauern, den Koitus vollziehend, während Zukurzgekommene onanierend kiebitzen; andere wieder lassen sich von "Deckhengsten mit Prachtausstattung" (das stolze Kingsize-Format scheint in Castro-Land zur sozialistischen Normgröße erhoben), schon mal lustvoll die Fresse polieren. Angesichts der Massenflucht aus Kuba Anfang der 90er-Jahre des 20. Jahrhunderts und dem desolaten Zustand seines Heimatlandes, hat Senior Gutiérrez für sich beschlossen, das Prinzip Hedonismus bis zum letzten orgiastischen Seufzer auszuleben. Gegen seine nun folgende Scheiß-, Sperma-, Misshandlungs- und Kakerlakenoper, nimmt sich selbst Fellinis Satyricon wie ein Orff'sches Singspiel aus. Laissez-faire, das zunehmend angestrengt wirkt -- schlimmer noch -- das hier transportierte Frauenbild (übelste Misshandlungen werden süffisant schmunzelnd en passant geschildert), wird mit zunehmender Lektüre problematischer weniger