"Götter in Weiß", "Mittler Gottes" -- zwei Bezeichnungen, die exemplarisch sind für die in Sein wie Gott. Von der Macht der Heiler behandelte Problematik. Ärzte, Priester, Therapeuten und Politiker, ihnen allen vertrauen Menschen ihr Leben auf die eine oder andere Weise an. Warum tun sie das und was erwarten sie sich davon? Wie konnte es zu dieser gottgleichen oder -ähnlichen Stellung kommen? Und was können beide Seiten dagegen tun? Rotraud A. Perner beginnt mit dem … mehrUrsprung des Übels, nämlich der Suche der Menschen nach Liebe, ihrer Sehnsucht nach ganzheitlicher Anerkennung und dem Wunsch nach Teilhabe an der Macht der "heilenden" Personen. Die "Heiler" laufen aus diesen an sie herangetragenen Erwartungen und Wünschen jedoch Gefahr dem Gott- und damit Allmachtswahn zu verfallen und ihre so erlangte Gewalt über Menschen zu deren Schaden auszunutzen, sie zu beeinflussen und zu manipulieren. Verlust von Sicherheit und Halt, das Gefühl allein zu sein mit seinen Problemen, Überforderung, Konflikte jedweder Art und Grenzerfahrungen sind weitere Gründe für die Hinwendung an eine oder auch mehrere dieser Personen. Die Hilfesuchenden treten aufgrund ihrer offenbarten Schwäche, Krankheit und damit Verletzlichkeit in ein Abhängigkeitsverhältnis gegenüber der aus ihrer Sicht höher gestellten Person zu. Nicht von ungefähr schrieb man während des gesamten Mittelalters dem von Gottes Gnaden eingesetzten Herrscher (wunder-)heilende und damit gottgleiche Fähigkeiten zu -- eine Haltung, die sich im Laufe der Zeit auf andere Kreise übertrug. Ihren Ursprung nimmt diese Haltung jedoch aus dem bereits in frühen Hochkulturen verehrten Sacerdos, dem Priester und Mittler Gottes. Die Heiler wiederum sind auch nur Menschen. Sie können überfordert werden, sie sind verletzlich, sie irren, haben Schwächen und sind ständig der Verführung der Macht über andere Menschen ausgesetzt. Eine schwierige Gratwanderung, die zu meistern Selbstdisziplin und Distanz erfordert, geistige Stabilität und das Wissen um eine höhere Macht als ihre eigene. Wege zu dieser Erkenntnis und ihrer Umsetzung einerseits wie Sensibilisierung und Stärkung Hilfesuchender andererseits bietet die Autorin in ausführlichen Beispielen und abstrahierter Problemlösung. Verständlich geschrieben und mit umfangreicher Literatur versehen, werden in Seelsorge und Therapie Tätige hier Anregungen finden. Die sorglose Vermischung unterschiedlicher Disziplinen wie Psychologie, NLP, Esoterik, Theologie, Philosophie etc. ist allerdings problematisch und mit Vorsicht zu behandeln. --Osseline Kind weniger