Als der fünfjährige Ramón Díaz 1880 an der Hand seines Vaters als einer von einer Million Einwanderern in Argentinien ankommt, bleibt ihm vor Rührung und Staunen der Mund offen stehen. Und die Ohren natürlich. Denn das, was er hört, ist der merkwürdig klagende und zärtlich umschmeichelnde, orgelähnliche Klang eines Bandoneons -- ein Klang, der Ramón Zeit seines Lebens nicht loslassen wird: auch da nicht, als er längst zu einem der einflussreichsten Männer des Landes … mehraufgestiegen ist. Vom Aufstieg der Familie Díaz und vom Siegeszug des Tangos aus den Bordellen einer explodieren Metropole hinein in die ganze Welt erzählt dieses Buch. Zugegeben: Tango, der dein Herz verbrennt ist ein Titel, der all das verkörpert, was man auch bei der Darbietung des faszinierenden argentinischen Tanzes falsch machen kann: mangelndes Gefühl für die richtige Dramaturgie, eine fehlende Sensibilität für die Bewegung des anderen, fehlendes Einfühlungsvermögen und eine gehörige Portion schwülstig-platter Kitsch im Ausdruck und der musikalischen Präsentation. Tatsächlich hat der Roman des 54-jährigen südamerikanischen Autors Horacio Vázquez-Rial, der seit langer Zeit in Barcelona lebt, -- bis auf eben jenen Titel -- nichts davon. Hier fließt und gleitet alles in feurig gemessenem Rhythmus mit viel sehnsüchtiger Leidenschaft ineinander über. Viele werden sagen, nein, du hast kein Recht, diese Geschichte zu erzählen, heißt es im Roman. Denn es sei auch die Geschichte einer Stadt, die du verlassen hast. Verlassen wie eine kranke Frau. Eine traurige Frau. Und trotzdem: Vázquez-Rial hatte jede Berechtigung seine Geschichte zu erzählen, die vor allem eine wundervolle Liebeserklärung an die Musik geworden ist. Ein richtig tolles, mitreißendes Buch. --Stefan Kellerer weniger