Um Abhörmaßnahmen, staatliche Überwachung und geheime Datenbanken mit Einträgen zu so genannten erfassten Personen ranken sich viele Legenden. Doch welche Maßnahmen wirklich unter den vordergründigen Motiven der Verbrechensbekämpfung von Verfassungsschutz und Geheimdiensten erhoben werden, wird aus guten Gründen vor dem Normalbürger geheim gehalten. Vom Ende der Anonymität deckt auf -- mit vielen sorgfältig recherchierten und bisher unveröffentlichten Informationen … mehrüber die geheimen Mittel des Staates sich selbst zu schützen. Mit dem Schengener Abkommen zur polizeilichen Zusammenarbeit in Europa wurde das SIS (Schengener Informationssystem) eingeleitet. Der Grundstein für die grenzüberschreitende Observation aller "Personen, die unter dem Verdacht stehen, eine Straftat begangen zu haben" war gelegt, Systeme wie das SIS-erweiternde Sirene, das Asylsuchende und andere mit Fingerabdruck erfassende Eurodac und die Fotodatenbank FADU folgten. Zugriff haben die nationalen Polizeibehörden und Geheimdienste sowie die gemeinsame europäische Polizeieinheit Europol. Weiterhin existieren internationale Schnittstellen zu Behörden und Überwachungssystemen wie Interpol sowie Enfopol und Echolon, mit dem weltweit jede Telekommunikation -- ob per Telefon, Fax oder E-Mail -- überwacht und mitgeschnitten werden kann. Vom Ende der Anonymität ist eine Sammlung von Texten aus dem bekannten netzaktiven Onlinemagazin Telepolis und die Essenz der jahrelangen und öffentlichkeitswirksamen Berichterstattung über Enfopol. Durch das Zuspielen von Geheimdokumenten und daran ansetzende Recherchen gelang es der Herausgeberin dieses Buches, Christiane Schulzi-Haddouti, in Zusammenarbeit mit anderen Journalisten durch das Veröffentlichen aktueller geheimer Informationen die Ratifizierung des Systems Enfopol, in dem Daten aus der Überwachung jeglicher Kommunikation über Mobilfunk bis zu Chats im Internet weltweit für "ermächtigte Einrichtungen" zugänglich gemacht werden sollten, vor dem eurpäischen Parlament zu verhindern. Neben den Berichten über Enfopol gibt es weitere Artikel aus erster Hand. Nicky Hager etwa, der das hochgeheime, von der US-amerikanischen NSA (National Security Agency) eingesetzte Echolon aufdeckte und damit sogar dem Geheimdienst seines eigenen Landes neue Informationen bescherte, beschreibt den Verlauf seiner Ermittlungen. In weiteren Artikeln beschreibt der deutsche Geheimdienstexperte Erich Schmidt-Eenboom, wie seit Jahrzehnten deutsche Dienste im Verbund mit den USA und Frankreich Fernmeldeaufklärung betreiben, bringt Wayne Madsen Licht in die Überwachungsstrukturen der US-Regierung und erläutert Tony Geraghty die Aktivitäten in Großbritannien, das über die weltweit höchste Dichte von Überwachungskameras verfügt. Vom Ende der Anonymität ist ein politisches Buch. Es sorgt für Transparenz, wo Regierungen ihren Bürgern sie betreffende wichtige Informationen zu ihren Aktivitäten vorenthalten und ohne ihr Wissen kontrollieren, Daten erheben und weitergeben. Dabei sind die Ausführungen teilweise äußerst spannend geschrieben und bei allem journalistisch korrekt aufbereitet. Beschrieben werden nicht nur die Fakten, sondern auch die Wege und Quellen der Informationsgewinnung. Die technischen Aspekte der Überwachungssysteme werden ebenso erläutert wie die hintergründigen Strukturen, in denen sie eingesetzt werden, die Bewertungen werden argumentativ gründlich ausgearbeitet, Konsequenzen durchdacht aufgezeigt. Diesem Buch ist ein möglichst großer Leserkreis zu wünschen, denn letztlich schützt nur der öffentliche Diskurs vor rechtsstaatlichem Fehlverhalten. Und Telepolis sei mit dem Schritt in die gedruckte Welt eine weitere Gratulation ausgesprochen! Auf weitere Titel darf man gespannt sein. --Oliver Busch weniger