Wenn jemand in den USA 40 Jahre lang bei einem Megakonzern und davon zwei Jahrzehnte als Firmenboss tätig war, ist er schon zu Lebzeiten eine Legende. Kein Zweifel: Um Jack Welch ranken sich unzählige Stories, Intrigen und Vorurteile. Was hat man ihm nicht alles angedichtet: Ein harter Hund soll er gewesen sein, der sein Unternehmen mit Zuckerbrot und Peitsche geführt hat. Im gleichen Atemzug aber auch ein beispielhafter Coach, der sich für die Belange seiner … mehrMitarbeiter förmlich zerrissen hat. Jetzt packt der beste Manager der Welt aus. Er erzählt aus seinem Leben -- direkt, ungeschminkt und fast kumpelhaft distanzlos. Herausgekommen ist eine weitschweifende, mitunter sehr unterhaltsame Mischung aus privaten Anekdoten, lebendigen Erzählungen aus der Chefetage eines Weltkonzerns sowie grundlegenden Managementweisheiten. Das Buch ist angelegt wie ein Hollywoodfilm. Die frühen Jahre, der unaufhaltsame Aufstieg, die Höhen und Tiefen an den Hebeln der Macht und der Einstieg in die neue Ära globalen Wirtschaftens. Fast ist man geneigt zu vermuten, das Drehbuch für einen abendfüllenden Spielfilm sei schon mitgeschrieben worden. Die Lektüre des Buches ist eigentlich wie eine Achterbahnfahrt. Einmal saust man in die Abgründe bizarrer Klischees und Selbstbeweihräucherung, ein andermal wird man hochgezogen in wunderbare kleine Episoden und hemdsärmelige Situationsanalyse. Es gibt Passagen, da wendet man sich mit Grausen, aber auch Erzählungen, in die man förmlich hineingesaugt wird. Beispiele gibt es auf beiden Seiten zuhauf. Die irische Übermutter, die "einen falschen Fuffziger auf eine Meile Entfernung riechen konnte", und die ihm alle Grundsätze des Managements beibrachte: "Stelle Dich dem Wettbewerb. Stelle dich der Wirklichkeit. Motiviere die Menschen durch Zuckerbrot und Peitsche. Stecke dir anspruchsvolle Ziele. Lasse die Leute nie aus den Augen, damit sie ihre Aufgaben auch tatsächlich erfüllen." Andererseits aber etwa auch die Details und Hintergründe des Honeymoon-Deals, der größten Industriefusion aller Zeiten -- authentisch und meisterhaft erzählt, als würde der alte Jack vor dem prasselnden Kamin aus dem Nähkästchen plaudern. 443 Seiten lang durchschreiten wir an der Hand eines Industriefürsten das amerikanische Jahrhundert und erleben ein kleines Stück amerikanischer Industriegeschichte hautnah mit. Nicht mehr und nicht weniger. Denn so einzigartig ist Jack Welch schon deshalb nicht, weil die Arbeitswelt von morgen keine Führungskraft mehr fördern würde, die sich über 40 Jahre lang bei ein und demselben Arbeitgeber verdingt hat. --Peter Felixberger weniger