"Wer den Krieg verstehen will", heißt es ganz zu Recht im Klappentext zu dieser völlig neu bearbeiteten dritten Auflage von Karl Ruloffs Studie, "muss sich vor allem mit der Schwelle zwischen Krieg und Frieden befassen." Und diese Schwelle ist ausgesprochen vielgestaltig. Manchmal ist sie so hoch, dass tief greifende Konflikte am Ende -- glücklicherweise -- doch nicht in einem Krieg enden, auf den zuvor alles hinauszulaufen drohte. Ein anderes Mal ist sie so niedrig, … mehrdass vergleichsweise geringfügige Anlässe unversehens eskalieren. Und manchmal hat es den Anschein, als sei es schlicht ein Zufall, der über Krieg und Frieden entscheidet. 165 Kriege vom Ersten Koalitionskrieg 1792-1798 bis zum so genannten Zweiten Golfkrieg 2003 führt Ruloff (nicht in chronologischer, sondern klassifikatorischer Folge) in diesem vorbildlich strukturierten Band als Beispiele für die acht von ihm identifizierten Formen des Kriegsbeginns an: den begrenzten Krieg, den eskalatorischen, den Überfall, den "katalytischen" (der wie eine chemische Reaktion sich dem Einfluss der Konfliktparteien zu entziehen scheint), den Duellkrieg, den Krieg durch Risikopolitik, den "Weltkrieg" sowie den viel diskutierten "Krieg durch Zufall". Den größten Teil der von ihm herangezogenen Fälle, nämlich 50, ordnet der Zürcher Politikwissenschaftler dem Typus der Eskalation zu, währenddessen er als "Zufallskrieg" keinen einzigen zu klassifizieren weiß. Geografisch hat sich das Phänomen des Krieges von Europa weit gehend weg verlagert hin in die Dritte Welt, von wo es freilich in anderer Gestalt auf uns zurückfällt! Was die Kriegsform anbelangt, so sind die wachsende Bedeutung von Bürgerkriegen sowie des Terrorismus zu konstatieren. Dies alles hat neben vielem anderen auch den Beginn einer Transformation des überkommenen Völkerrechts nach sich gezogen. Knapp aber profund erörtert der Autor all dies und viele weitere damit zusammenhängende Fragen im letzten Kapitel, das mit dem Fazit endet, das Thema Krieg bleibe leider aktuell. So ist es! --Andreas Vierecke weniger