Einen Becherhalter für jene Volvo-Modelle, die für den US-Markt vorgesehen waren, konnten sich die Volvo-Ingenieure beim besten Willen nicht vorstellen -- schließlich ist "Sicherheit" (und nicht etwa Ablenkung durch Trinken während der Fahrt) das traditionelle Werbeargument der schwedischen Autobauer. Erst ein Brainstorming mit markterfahrenen US-Händlern, die die Skandinavier auf den "Cup-Holder" als elementaren Bestandteil des amerikanischen automobilen Lebensgefühls … mehrhinwiesen, ließ die Volvo-Manager von ihrer Firmenphilosophie abrücken. "Wissen" also, das zeigen Betty Zucker und Christof Schmitz in ihrem Buch Wissen gewinnt, kann, wenn es richtig gemanagt wird (im Volvo-Beispiel durch die Aufnahme der Marktbeobachtungen Dritter in Verkaufsstrategien), zu einem wichtigen Wettbewerbsvorteil werden. In einem ausführlichen Praxisteil geben die Autoren Tipps, wie konkretes Wissensmanagement aussehen kann. Wettbewerbsvorteile lassen sich beispielsweise durch Auslagerung wissensextensiver Bereiche erreichen. So produziert das US-Sportartikelunternehmen Nike mittlerweile keinen einzigen Turnschuh mehr selber: Die Produktion wurde ausgelagert, wissensintensive Kernkompetenzen wie Design, die für den Markterfolg wichtiger wurden, verblieben im Unternehmen. Eine andere Form des Organisierens von Unternehmenswissen ist das Patent-Portfolio-Management: Der US-Chemieriese Dow Chemical beispielsweise hat seit 1993 einen "Director of Intellectual Asset Management", der alte und neue Dow-Patente auf ihre Umwandlungsfähigkeit in aktive Geschäftsmöglichkeiten prüft (z.B.: Welches Patent passt zu einer neuen Geschäftsstrategie?) Die Autoren präsentieren mit einer Fülle von Fallbeispielen einen praxisorientierten Zugang zum Wissensmanagement. Diese Herangehensweise ist angesichts des schwer greifbaren Charakters ihres Erkenntnisobjektes "Wissen" hilfreich für das Verständnis der verschiedenen Ansätze, Wissen gewinnbringend zu organisieren. Eine wertvolle Erkenntnis der Autoren ist dabei die Prozesshaftigkeit allen Wissensmanagements: Wissensmanagement ist nicht die Verwaltung statischer Besitzstände, beispielsweise in Form eines systematischen Archivierens (und anschließenden Vergessens) von Patenten, sondern ein dynamischer Prozess des Hinzulernens von neuem Wissen und dessen Abgleich mit bereits gesammeltem im ständigen internen und externen Austausch (Volvo). Wissensmanagement meint also, wie die Autoren verdeutlichen, nicht die "Anstellung zweier Nobelpreisträger" im F&E-Bereich. --Till Kammerer weniger