Tim McGraw ist ein ausgemachter Familienmensch. Neben seiner Frau (Sängerin Faith Hill) und seinen drei Töchtern zählt der aus Louisiana stammende Countrystar auch seine langjährige, treue Tourband "The Dancehall Doctors" zum engsten Familienkreis. Als fürsorglicher Papi kümmert er sich natürlich auch um deren Belange -- und so gab er, eine noble und seltene Geste im Musikbusiness, der Band für sein letztes Album von Tim McGraw & The Dancehall Doctors die Chance, es … mehreinzuspielen. Die gute Tat erwies sich als kommerzieller Glücksgriff -- die CD wurde zu einem der größten Erfolge in Tim McGraws Karriere. Deshalb zögerte der smarte Sänger auch keine Sekunde, als ein neues Album anstand. Wieder durften sich Tour- als Session-Musiker versuchen, wieder buchte er dafür die fernab von Stress und Lärm liegenden Aufnahmeräume des Allaire Studios in den Bergen von Upstate, New York. Trotz gleicher Voraussetzungen unterscheidet sich Live Like You Were Dying deutlich vom Vorgänger. Was bei der Session-Premiere mit den alten Kumpels teils noch rauh und ruppig klang, wirkt jetzt ausgefeilt, beflissen und ab und an -- und da geht der Schuss dann nach hinten los -- übertrieben artifiziell. So hält das üppig mit 16 Titeln ausgestattete Album mehrere Songs mit schwer verdaulichen, vor Pathos triefenden Arrangements parat. Der Titeltrack ist dafür ein Beispiel. In der mit viel Geigen-, Becken- und Klavier-Brimborium insezenierten, fast fünfminütigen Lebensbetrachtung eines unheilbar Kranken werden Tränendrüsen nach Kräften gedrückt. Kitsch -- könnte man dazu sagen. Obwohl: Wer die Country-Adaption von "carpe diem" mehrfach hört, wird sich vielleicht verschämt ertappen, doch irgendwie gerührt zu sein. Im nächsten Track wird das wohl nicht so leicht klappen: "Drugs Or Jesus" klingt zwar spannend, doch als gegen Ende ein vielstimmiger Gospel-Chor sein jauchzendes "Halleluja" anstimmt, möchte man diese Kirche dann doch lieber wieder schnell verlassen. Neben diesen, ganz auf amerikanische Herz-Schmerz-und-Seele-Bedürfnissen zugeschnittenen Songs hält die CD aber auch eine ganze Reihe hervorragender Songs parat. Wie bei Tim McGraw üblich, zeichnen diese, von den besten Songwritern Nashvilles komponierten Titel (u.a. Craig Wiseman, Rodney Crowll, Bob DiPiero, Don Schlitz), das Bild eines jungen, wilden, aber durchaus zur Selbstkritik und Selbstzweifel fähigen Mannes. Es geht immer wieder ums Erwachsenwerden ("Walk Like A Man", "Can’t Tell Me Nothin‘"), um Freundschaften ("My Old Friend"), um Frust ("Kill Myself"), Wut ("Everybody Hates Me") oder einfach über die guten, alten Zeiten ("Back When"). Musikalisch pendeln Tim und seine Kumpel hübsch ausgewogen zwischen erdigem Countryrock und netten Balladen. Traditionelle Bluegrass- und Folk-Elemente sind rar, in Titeln wie "Blank Sheet Of Paper" und "Open Season On My Heart" dafür aber absolut gelungen. Bleibt noch das Coverfoto, auf dem Tim McGraw mit glasigem Blick in mattschwarz glänzender Country-Kluft herabguckt und dabei an den leicht alkoholisierten Gegenspieler von Winnetou bei Karl-May-Festspielen erinnert. Leise Parodie oder schlichter Fehlgriff? -- das ist hier die Frage ... -- Gunther Matejka weniger
CD 1
01 - How Bad Do You Want It
02 - My Old Friend
03 - Can't Tell Me Nothin'
04 - Old Town New… mehr
05 - Live Like You Were Dying
06 - Drugs or Jesus
07 - Back When
08 - Something's Broken
09 - Open Season On My Heart
10 - Everybody Hates Me
11 - Walk Like A Man
12 - Blank Sheet Of Paper
13 - Just Be Your Tear
14 - Do You Want Fries With That
15 - Kill Myself
16 - We Carry On weniger