Nach der doch recht gemischten Resonanz auf Rudebox (2006) plagten Mr. Robbie Williams laut eigenem Bekunden Selbstzweifel, in der Folgezeit schrieb er unrühmliche Schlagzeilen sehr persönlicher Natur. Depressionen, Tablettensucht, Entziehungskur -- die Medien stürzten sich genüsslich auf jedes Detail seines Privatlebens. Diese Zeiten der Klatschnachrichten und Skandälchen scheinen vorbei. Auf Reality Killed The Video Star meldet sich der Brite mit einem Paukenschlag … mehrzurück, er präsentiert sich wieder erstarkt und legt eine offenherzige Standortbestimmung vor. Gleich im beatlesken Eröffnungstitel "Morning Sun" singt er davon, dass nach einer langen Nacht endlich die Sonne wieder aufgeht, und diese Metapher darf man autobiografisch nehmen. Sie steht für den neuen Abschnitt in der Karriere, der mit dem exzellenten Album eingeläutet wird. In stilistisch sehr unterschiedlichen Songs präsentiert Robbie sämtliche Facetten seiner Persönlichkeit. Er kehrt in "Do You Mind" zur fuzzsatten E-Gitarre den Rocker heraus, zeigt sich in der wunderschönen Orchesterballade "Blasphemy" von seiner empfindsam-sanften Seite, hat Spaß beim Tanzen zur technoiden Computerelektronik von "Last Days Of Disco", lässt uns in "Won't Do That" an seinen amourösen Gefühlen teilhaben, setzt sich in "Starstruck" mit der eigenen Prominenz und den mitunter unangenehmen Folgen auseinander und gibt sich im rätselhaften Songtext von "Deceptacon" betont besinnlich. So gewährt der 35-jährige den Fans ein ums andere Mal einen unverstellten Blick in seinen Seelenhaushalt. Mit tatkräftiger Unterstützung von Meisterproduzent Trevor Horn (Frankie Goes To Hollywood, Art Of Noise) und Co-Autoren wie Chaz Jankel (Ian Dury & The Blockheads) und Guy Chambers (Tokio Hotel, Kylie Minogue, Tina Turner) liefert Robert Peter Williams sein bislang reifstes Album ab. Das ehemalige Mitglied von Take That hat die Lektionen, die ihm das Leben bislang aufgab, anscheinend gelernt. Reality Killed The Video Star jedenfalls klingt nach geläutertem Megastar: Der Lausbub aus Stoke-on-Trent ist unverkennbar erwachsen geworden. - Harald Kepler weniger