Pop-Journalisten mit einem großen Indie-Herz neigen bisweilen dazu, Erfolg mit Skepsis zu begegnen. Insbesondere dann, wenn eine Band in einem hohen Tempo dem Underground entflieht und zum Mainstream übersetzt. Genau diesen Weg schlägt die Band um den Ex-Libertines-Bassisten und Razorlight-Frontmann wie Hauptsongschreiber und Sänger Johnny Borrell mit Slipway Fires ein. Das Debüt des 2002 in London gegründeten halb-britisch, halb schwedischen Quartetts gehörte noch in … mehrdie Keller Clubs, viele von ihnen dreckig und schummerig. Der selbstbetitelte Nachfolger Razorlight ging auf Platz 1 der UK-Charts, erhielt 4-fach-Platin und durchweg gute Kritiken. Dieser rasante Durchbruch rieft Neider auf den Plan, und all der Hype um den angeblich arroganten Egomanen Borrell rückte Razorlight immer weiter in den Fokus der Presse, wobei gerade die in England zumeist unsägliche Regenbogenabteilung mit ihren übelriechenden Gerüchteküchen heiß lief. Werk Nummer 3, auf der Insel schon im November 2008 veröffentlicht, erhielt überwiegend unterkühlte bis negative Rezensionen. Die perfekte Produktion kann da kein Kriterium sein, der gewaltige Ruck zur Massentauglichkeit darf es nicht sein. Es ist offensichtlich, dass Razorlight sich auf die Verfolgung von Springsteen, Queen oder U2 machen. Dazu scheuen sie keine Mittel, setzen gefühlvolle, wie sparsam arrangierte Piano-Balladen („Wire To Wire“) oder akustischem Folk („Hostage Of Love“) Power-Pop („You And The Rest“, „Monster Boots“)) und grenzwertigen Pomp entgegen. Im Gegensatz zu Razorlight aber stimmt die Mischung trotz einiger guter Meloden und griffigem Songwriting nicht mehr. Zu häufig verfällt Borrell samt seiner Geldorf-esken Stimme in Pathos und Prätentiosität. Besonders schlimm artet das im finalen „The House“, einer komplett uninspirierten Ballade über seinen Vater aus. Nicht viel besser ist die Upper-Class-Geschichte in „Burberry Blue Eyes“, aber auch in „60 Thompson“ oder „North London Trash“ bewegt sich Borrells lyrische Kunst mit seinen religiösen Metaphern auf dünnem Eis. Letztendlich verspricht das überambitionierte Slipway Fires am Anfang mehr, als es im Verlauf halten kann. - Sven Niechziol weniger
CD 1
01 - Wire To Wire
02 - Hostage Of Love
03 - You And The Rest
04 - Tabloid Lover… mehr
05 - North London Trash
06 - 60 Thompson
07 - Stinger
08 - Burberry Blue Eyes
09 - Blood For Wild Blood
10 - Monster Boots
11 - The House
12 - Weblink weniger