Klappentext:
Ein Opus Magnum, das Bilder von archaischer Kraft heraufbeschwört
Seit zweiundzwanzig Generationen herrscht von der Insel Acacia aus das mächtige Geschlecht der Akarans über ein Reich, das fast die gesamte bekannte Welt umspannt. Doch unter der Oberfläche aus Glanz und Reichtum schwelt schon seit langem ein Feuer, das jederzeit ausbrechen könnte. Denn Acacias Friede und Wohlstand sind auf Verrat begründet. Und als ein Attentäter aus dem eisigen Norden sich an … mehrden Hof von Acacia aufmacht, scheint es, als müsste König Leodan den Preis für diesen Verrat jetzt bezahlen. Und mit ihm sein ganzes Volk - denn dem Attentäter folgt eine noch viel größere Bedrohung...
"Eine Eroberung weckt den Durst nach einer weiteren Eroberung."
Nicolò Machiavelli
"Shakespeare hätte diesen Roman geliebt."
James Patrick Kelly
"Roman liefert die Schauwerte einer archaischen Welt und prüft sie mit einem modernen Bewusstsein für die Relativität der Wahrheit."
Stuttgarter Zeitung
Informationen zum Autor:
David Anthony Durham, dessen Eltern aus der Karibik stammen, wurde 1969 geboren und hat weite Teile der USA und Europas bereist und mit seiner Familie mehrere Jahre in Schottland gelebt. Nach seinem Hochschulabschluss hat er unter anderem an der Universität von Maryland und an der Universität von Massachusetts gelehrt. Sein 2001 erschienenes Debüt "Gabriel's Story" - das von der Kritik mit Cormac McCarthys "All die schönen Pferde" verglichen wurde - war ebenso wie sein zweiter Roman "Walk Through Darkness" von 2002 ein "Notable Book" der "New York Times". Im Jahre 2005 folgte der von der Kritik hoch gelobte Hannibal-Roman "Pride of Carthage", der in zahlreiche Sprachen übersetzt wurde und vor allem in Spanien ein veritabler Bestseller war. Seit 2007 ist Durham außerordentlicher Professor an der California State University Fresno und unterrichtet dort Literatur. "Acacia" ist sein erster, faszinierender Ausflug in die Fantasy - und es wird nicht der letzte bleiben.
EXCERPT: ERSTES BUCH Das Idyll des Königs 1 Der Attentäter verließ die Mein-Feste Tahalia durch das große Vordertor; er ritt durch eine Lücke in den gepanzerten Kiefernbalken, die gerade breit genug war, um ihn durchzulassen. Er brach bei Sonnenaufgang auf, gekleidet wie ein gewöhnlicher Soldat der Mein. Bekleidet war er mit einem Umhang aus Elchfell, der seinen Körper vollständig bedeckte. Er umschloss sogar seine Beine und wärmte das breithufige Pferd unter ihm. Sein Oberkörper wurde von einem doppelten Brustharnisch geschützt: zwei Eisenplatten, die seinen Körperkonturen angepasst waren, mit einer Lage Otterfell dazwischen. Er ritt in südlicher Richtung in die schneeglitzernde Winterlandschaft hinaus. Es war so bitterkalt, dass in den ersten Tagen sein Atem gefror. Die gefrorene Atemfeuchtigkeit wirkte wie eine Mundausstülpung, in die er wie in einen Kanal hineinatmete. Eisknoten hafteten in seinem Bart und klimperten leise wie ein Glockenspiel aus Glas. Der Mann begegnete nur wenigen Menschen, selbst dann, wenn er durch Siedlungen mit niedrigen, kuppelförmigen Hütten kam. Im Schnee entdeckte er die Spuren von Polarfüchsen und Hasen, bekam die Tiere aber nur selten zu Gesicht. Einmal beobachtete ihn von einem Findling aus eine Schneekatze mit unentschlossenem Blick, als wüsste sie nicht, ob sie vor dem Reiter flüchten oder ihm nachsetzen sollte. Am Ende blieb sie einfach sitzen, und der Mann ließ sie hinter sich zurück. Ein andermal blickte er von einer Anhöhe aus auf eine Ebene hinunter, auf der es von Rentieren wimmelte. Der Anblick erschien ihm wie eine Vision aus ferner Vergangenheit. Zunächst glaubte er, auf eine Versammlung aus der Geisterwelt gestoßen zu sein. Dann aber stieg ihm die Ausdünstung der Tiere in die Nase. Damit war der Zauber gebrochen. Er ritt in die Herde hinein, erfreute sich am Anblick der vor ihm auseinanderstiebenden Tiere und spürte das Grollen ihres Hufgetrappels in der Brust. Hätte das Land immer noch den Mein gehört, so hätte er die Tiere vielleicht gejagt, wie seine Vorfahren es getan hatten. Doch sein Wunsch änderte nichts an der Realität. Das Volk der Mein, das hohe Nordplateau gleichen Namens, die gewaltige Feste Tahalia, das Königsgeschlecht, das ohne fremde Einmischung über das Gebiet hätte herrschen sollen: Dies alles stand seit fünfhundert Jahren unter acacischer Herrschaft. Sie waren besiegt und massenweise massakriert worden und wurden seither von fremden Gouverneuren beaufsichtigt. Man hatte ihnen ungerechte Steuern auferlegt und ihnen die kampffähigen Männer geraubt, von denen viele im acacischen Militär dienten, in fernen Ländern, außer Hörweite ihrer Ahnen. Zumindest betrachtete es der Reiter so - als eine Ungerechtigkeit, die auf Dauer nicht hinzunehmen war. Zweimal wich er in der ersten Woche von der Hauptstraße ab, um den Wachposten der Nordgarde aus dem Weg zu gehen. Seine Papiere waren nicht zu beanstanden. Es war nicht damit zu rechnen, dass man ihn aufhalten würde, doch er hatte kein Vertrauen in die Acacier, und allein die Vorstellung, so tun zu müssen, als erkenne er ihre Vormachtstellung an, war ihm zuwider. Jeder Bogen führte ihn näher an die Schwarzen Berge heran, die parallel zu seiner Route verliefen. Konnte man den alten Geschichten Glauben schenken, waren die Gipfel Speerspitzen, die ein Volk zorniger Riesen, das unter der Haut der Erde lebte, ins Dach seiner Welt gerammt hatte. Nach zehn Tagen gelangte er zum Methalischen Rand, der Südgrenze des Mein. Hier hielt er einen Moment inne und betrachtete im Bewusstsein, dass er nie wieder die Luft des Hochlands atmen würde, das dreitausend Fuß tiefer gelegene üppige Waldland. Er nahm seinem Pferd das Zaumzeug ab und ließ es zu Boden fallen. Dann wählte er ein leichteres Zaumzeug aus, das keine Rückschlüsse auf seine Herkunft zuließ. Obwohl es noch immer kalt und das Land mit Reif bedeckt war, löste er den Umhang und ließ auch ihn zu Boden fallen. Er zog den Dolch und durchschnitt das lederne Helmband, schleuderte den Helm ins Gebüsch und schüttelte sein langes, braunes Haar aus. Von der Enge des gehämmerten Metalls befreit, flatterte es im Wind, als freue es sich über seine wiedergewonnene Freiheit. Sein Haar war einer der Gründe, die ihn veranlasst hatten, den Auftrag anzunehmen. Während die Mehrheit der Mein strohfarbenes Haar hatte, war das seine braun, was ihm schon immer peinlich gewesen war. Nachdem er den Brustpanzer unter einem Baumwollhemd versteckt hatte, machten sich Pferd und Reiter an den Abstieg. Sie ritten einen Serpentinenweg entlang, der in eine völlig andere Landschaft mündete, in das mildere Klima eines Laubwaldes mit verstreuten kleinen Siedlungen, die Nordregion des Landes, das von Alecia aus verwaltet wurde, dem Verwaltungssitz der acacischen Regierung. Da ihm die Amtssprache des Reiches verhasst war, sprach er nur mit irgendjemandem, wenn ihm keine andere Wahl blieb. Als er das Pferd an einen Händler von der Südgrenze des Waldlands verkaufte, brummte und nuschelte er hinter vorgehaltener Hand. Als Bezahlung erhielt er Reichsmünzen, unauffällige Kleidungsstücke und ein Paar feste Lederstiefel, denn den Rest des Weges zur Küste wollte er zu Fuß zurücklegen. Und so hatte er sich erneut verwandelt. Er schulterte einen großen Sack und folgte der Hauptstraße nach Süden. Der Sack wurde hier und dort von Dingen ausgebeult, die er noch brauchen würde. Nachts schlief er in Bodensenken in der Nähe von Gehöften oder im Wald. Obwohl die Bewohner der Gegend ihr Land im Griff des Winters wähnten, kam er sich eher vor wie im tahalischen Sommer und geriet häufig genug ins Schwitzen. Nicht weit vom Hafen von Alecia entkleidete er sich erneut. Er schälte sich aus dem Brustpanzer, versenkte ihn am Grund eines Flusses und beschwerte ihn mit Steinen. Dann hüllte er sich in einen Umhang, der in den kalten Gemächern der Mein genäht worden war und von dem er hoffte, dass er als echt durchgehen würde. Damit konnte er als Vadayaner gelten. Trotz seiner langen Geschichte hatte der Orden seine Bedeutung längst verloren. Die Vadayaner waren Gelehrte, die unter der zeremoniellen Leitung der Vada-Priesterin das überlieferte Wissen studierten und bewahrten. Es war eine wortkarge Gemeinschaft, welche die Angelegenheiten des Reiches verachtete. Daher würde es nicht weiter auffallen, wenn er sich schweigsam gab. Um die Tarnung zu vervollständigen, schor er sich die Haare zu beiden Seiten des Kopfes und band den Rest auf dem Kopf mit dünnen Lederriemen zu einem festen Knoten. Die Haut des Schädels war so blass und rosig wie Schweinefleisch. Deshalb rieb er sie mit einem Färbemittel ein, mit dem normalerweise Holz gebeizt wurde. Als er fertig war, war er von einem echten Gelehrten nicht mehr zu unterscheiden. Obwohl er seine unterschiedlichen Verkleidungen mit Würde trug, war er in Wahrheit nichts von alledem, was er darstellte. Sein Name war Thasren Mein. Er war von adliger Abstammung, Sohn des verstorbenen Heberen Mein. Er war der jüngere Bruder von Hanish, dem rechtmäßigen Oberhaupt der Stämme vom Mein-Plateau, und von Maeander, dem Anführer der Punesari, der Elitewachtruppe, die der ganze Stolz seines kriegerischen Volkes war. Obwohl er auf diese Abstammung stolz sein konnte, hatte er sich entschieden, auf alles zu verzichten und Attentäter zu werden. Zum ersten Mal hatte er das Gefühl, sein Leben habe einen Sinn. Nie war er konzentrierter gewesen, nie mehr im Einklang mit sich selbst als jetzt, da er sein Leben dieser Aufgabe gewidmet hatte. Wie viele derer, die auf Erden wandelten, wussten schon, warum sie überhaupt atmeten und welche Bestimmung sie zu vollenden hatten, bevor sie in den Zustand des Nachtodes eintraten? Er konnte sich glücklich schätzen. Von einem Fährboot aus beobachtete er, wie die Insel Acacia inmitten schroffer Felsen aus dem blassgrünen Meer aufstieg. Der höchste Punkt der Insel lag am Südende. In der Mitte fielen das Ackerland und die Hügelketten etwas ab, stiegen jedoch gleich hinter der Mitte der Nordhälfte erneut an und bildeten eine Abfolge von Plateaus. Viele Generationen hatten diese zu einer Landschaft gestaltet, die würdig war, den Palast zu beheimaten. Die Akazien, die so dunkel wirkten wie die schwarzhäutigen Talayen des Südens, hatten weit ausladende Kronen und waren hier und da mit weißen Blüten gesprenkelt. Trotz der großen Länge der gewundenen Inselküste waren nur wenige Regionen leicht zugänglich; Strände und Häfen waren rar. Als sie an den Schutztürmen des Hafens vorbeisegelten, sah Thasren eine schlaff herabhängende Reichsflagge. Anhand der Farben konnte er sich gut vorstellen, wie sie ausgesehen hätte, wenn es nicht windstill gewesen wäre: eine gelbe Sonne inmitten eines rot umgrenzten Quadrats, mit der schwarzen Silhouette des Baums im Zentrum, welcher der Insel den Namen gegeben hatte. Jedes Kind kannte die Fahne, ganz gleich, in welcher Gegend der Bekannten Welt es geboren war. Der Attentäter musste sich beherrschen, sonst hätte er voller Verachtung ausgespuckt. Inmitten der anderen Passagiere ging er an L
Kartoniert
ISBN: 978-3-442-24494-2
796 S.
H21.0 cm x B13.9 cm x D5.5 cm 790 g weniger