Es gibt viele Dinge, die einen Menschen an seine Vergangenheit erinnern können: Fotografien natürlich, Eintrittskarten, ein Lied oder ein Buch. Aber was wäre, wenn es Gegenstände gäbe, die die Erinnerungen lang verstorbener Menschen wirklich in sich tragen? Phil Ainsworth schlägt sich als Naturfotograf durchs Leben. Seit dem Tod seiner Frau lebt er zurückgezogen in den Bergen Südkaliforniens. Er ist etwas neurotisch geworden, aber das scheint sich wieder einzurenken, … mehrals seine zehnjährige Nichte Betsy zu ihm zieht. Sie hat ihre allein erziehende Mutter verloren und bringt viel Verständnis auf für den einsamen, etwas eigenwilligen Mann, der so plötzlich die Rolle ihres Vaters übernommen hat. Allerdings bleiben sie in ihrem großen alten Farmhaus nicht lange unbehelligt. Betsys ehemalige Nachbarin, Mrs. Darwin, macht Ansprüche geltend -- schließlich habe sie sich fast mehr um das Kind gekümmert als die Mutter und sei wohl besser geeignet, für Betsy zu sorgen. Überall im Haus tauchen geheimnisvolle Glasgegenstände auf, die scheinbar aus dem überlaufenden Brunnen auf dem Anwesen stammen. Sind sie es, hinter denen die alten Freunde und unerwünschten Gäste her sind, die plötzlich an die Tür der Farm klopfen? James P. Blylock bildet zusammen mit Tim Powers und Sean Stewart ein Triumvirat von Autoren, denen es auf überzeugende Art und Weise gelingt, fantastische Elemente in unsere moderne Gegenwartswelt einbrechen zu lassen. In Brunnenkinder spinnt Blylock zwei parallel verlaufende Handlungsfäden, in den Jahren 1884 und 1998 -- und wirft dabei einen tiefen Blick in die Herzen der Menschen des 19. wie des 20. Jahrhunderts. Er verfügt über die erstaunliche Fähigkeit, völlig unaufgeregt zu erzählen und seine Leser dabei mitzureißen, als würde er auf jeder Seite ein Feuerwerk abbrennen. Seine Dialoge sind so realistisch, das man erwartet, die Menschen aus seinen Büchern neben sich stehen zu sehen. Wie die anderen Romane von James P. Blylock ist Brunnenkinder ein ungewöhnliches und wunderschönes Buch. Und wie bei seinen anderen Romane steht zu befürchten, dass es mangels Werbung den Radar vieler Leserinnen und Leser unterläuft. Und das wäre mehr als schade! --Hannes Riffel weniger