Die Gretchenfrage gleich vorab: Braucht die (deutschsprachige) Welt jedes Jahr auf's Neue einen weit über 800 Seiten dicken Band mit Sekundärtexten zur Science Fiction? Gibt es nicht genügend Fan-Magazine und Internet-Seiten, auf denen neugierige Leser Informationen zum Genre tanken können? Das Objekt der Analyse im Detail: Der erste Teil von Das Science Fiction Jahr 2002 wird wie immer von Hermann Urbanek bestritten. Auf 250 Seiten wird hier die deutsche -- und in … mehrkleinerem Rahmen die amerikanische und britische -- SF-Landschaft unter die Lupe genommen. Neben sehr speziellen Marktanalysen legt Urbanek großen Wert auf die Publikationen der zahlreichen Klein- und Kleinstverlage. Weitere Großkapitel widmen sich der SF in Film, TV, Hörspiel und Computerspiel. Die Interviews und Beiträge zu einzelnen Autoren enthalten kaum Überraschungen. Das Gespräch mit Nancy Kress und Charles Sheffield plätschert so vor sich hin, Christopher Priest verliert sich in Persönlichem und ein Artikel über Stanislaw Lem fand sich anlässlich seines 80. Geburtstags bereits in jedem Feuilleton. Dafür gibt Bruce Sterling einen scharfsinnigen Einblick in die Welt modernster wissenschaftlicher Forschung, und Michael Iwoleit untersucht, was Greg Egan zu einem der ganz großen SF-Autoren der Gegenwart macht -- am Beispiel seines Kurzgeschichtenwerks. Reichlich Stoff zum Nachdenken bieten Karlheinz Steinmüller und Sascha Mamczak mit ihren sehr unterschiedlichen Analysen des Utopiebegriffs am Ende des zweiten Jahrtausends. Thomas Disch rechnet bissig mit einer ganzen Reihe reaktionärer US-Autoren ab, und Wolfgang Neuhaus referiert den Stand der Diskussion über die Krise des SF-Buchmarktes. Zum Schluss gibt es noch etwas Wissenschaft und eine recht willkürliche Zusammenstellung von Buchbesprechungen sowie eine Bibliografie der fantastischen Literatur im Heyne Verlag des Jahres 2001. Trotz einiger Mängel im Detail und einer insgesamt etwas willkürlichen Zusammenstellung kann die Eingangsfrage mit einem eindeutigen Ja beantwortet werden. Vielleicht sollte Herausgeber Jeschke auf die oft sehr verspäteten Rezensionen ganz verzichten, und Urbaneks Überblicksbeiträge kommen gelegentlich etwas arg unbedarft daher. Aber insgesamt erfüllt der vorliegende Band seinen Zweck: Er liefert eine Fülle an Informationen und bietet Stoff für einige Diskussionen. Das Science Fiction Jahr 2002 ist schlicht das Handbuch zum Genre. --Hannes Riffel weniger