Dao-sheng, der Fast-Mönch, ist sehr zufrieden. Auch wenn man ihm an seinem ersten Tag außerhalb des Klosters eine Fleischpfanne reicht (als halber Taoist ist er Vegetarier), hat er doch den Eindruck, im Dorf mit sehr viel Gastfreundschaft aufgenommen worden und willkommen zu sein. Der Wunderheiler, der nie in den Orden eintrat, sich aber aufgrund seiner magisch wirkenden Kräfte einen Namen in der Klostergemeinschaft machte, ist auf der Suche nach dem Urgrund seiner … mehrVerweigerung des Eintritts. Es geht -- natürlich! -- um eine Frau, ein Mädchen in einem roten Kleid, schön wie eine Orchidee, in die sich Dao-sheng vor langer Zeit verliebt hat, auf den ersten Blick. Von ihr kam er Zeit seines Lebens, selbst im Kloster, nicht mehr los. Jetzt hat er sich auf die Reise gemacht. Eine Reise zu einer verrückten Liebe. Und eine Reise zu sich selbst. François Cheng ist ein wahrer Kosmopolit. 1929 in China geboren, ist der inzwischen 76-jährige Schriftsteller, Kalligraph, Philosoph und Übersetzer wichtiger Werke der französischen Literatur ins Chinesische bereits mit 19 Jahren nach Frankreich übersiedelt. 1971 erhielt er die französische Staatsangehörigkeit. Dieses Schwanken zwischen den Welten merkt man auch seinem Roman Die allzu kurze Ewigkeit mehr als deutlich an. Denn er strahlt die Ruhe der Philosophie seines Heimatlandes ebenso aus wie er die Erzähltechniken Europas berücksichtigt. Große, über weite Strecken ruhig gestaltete Spannungsbögen zeugen von Chengs brillantem narrativen Talent. So ist Die allzu kurze Ewigkeit nicht nur das wundervoll poetische Dokument einer großen, scheinbar unendlichen und reinen Liebe. Sie ist auch das Dokument fulminanter, über weite Strecken großartiger Erzählkunst. --Stefan Kellerer weniger