Dieser Titel ist in englischer Sprache
Wer hätte gedacht, dass inmitten des Wirtschaftsaufschwungs in den USA der neunziger Jahre mit seiner Aktien-Euphorie und Dow-Jones-Höhenflügen ein Buch zum Bestseller werden würde, welches die andere Seite des Wirtschaftsbooms und des American Dream schonungslos und mit ätzender Kritik unter die Lupe nimmt? Und doch ist dies mit Downsize This! gelungen. Hier spricht der (weiße) Durchschnittsamerikaner, der trotz steigender … mehrGewinne seines Unternehmens zum Wohle des Shareholder-Value geopfert wird. Moore rechnet mit der politischen und wirtschaftlichen Elite der USA ab. Politiker -- egal, ob Republikaner oder Demokraten -- sind korrupt, ihr Personal und ihre Programme austauschbar. Eine solche Diagnose mag vielleicht nicht überraschen, Moore gelingt es jedoch, seine Erkenntnis anhand origineller Beispiele zu verifizieren. So sind sich rechtskonservative Republikaner nicht zu schade, Wahlkampfspenden anzunehmen, die von Abtreibungsbefürwortern oder Bürgerrechtsinitiativen für die Gleichstellung Homosexueller stammen. Da wundert es nicht, dass eine desillusionierte Bevölkerung bei Präsidentschaftswahlen kaum noch von ihrem Stimmrecht Gebrauch macht. Doch Moore weiß Abhilfe: Warum statt Wahlen nicht einfach Monster-Truck-Rennen veranstalten? Die Präsidentschaftskandidaten treten in großen, drei Stockwerke hohen Trucks mit Namen wie "Killer Bigfoot" gegeneinander an. Wer gewinnt, wird Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Das geht schnell, ist leicht durchführbar und garantiert hohe Aufmerksamkeit beim Publikum. Auch die Wirtschaftsbosse der großen Unternehmen kriegen ihr Fett weg. Wie unverschämt muss man sein, um einerseits vehement Sozialleistungen für Arbeitslose als Schmarotzertum zu attackieren, andererseits jedoch lauthals nach Subventionen und Steuererleichtungen zu rufen, wenn sie ihr Unternehmen an den Rand des Ruins treiben? Michael Moore nimmt kein Blatt vor den Mund. Seine Angriffe gegen das Establishment sind direkt, polemisch und gnadenlos einseitig. Wer die feine Ironie sucht oder meint, zwischen den Zeilen lesen zu müssen, der mag enttäuscht sein. Hier findet kein akademisch abgehobenes, genüssliches Sezieren des wirtschaftspolitischen Geschehens statt. Vielmehr ist dieses Buch der Aufschrei eines Mannes, der an den Verhältnissen leidet und nicht mitansehen kann, wie eine verknöcherte, saturierte und egoistische Elite traditionelle amerikanische Werte wie Gemeinschaft und Solidarität zugunsten von Wahlerfolg oder Shareholder-Value bedenkenlos opfert. Auch mit verschnörkelten Wortspielereien hält Moore sich nicht auf. Er ist ein "right-in-your-face"-Satiriker, der sich vor derben Ausdrücken nicht scheut. Und auch wenn man seine Sicht der Dinge nach der ersten Glosse zu kennen meint, so lohnt sich das Weiterlesen auf jeden Fall. Moore zählt anhand von Zeitungsmeldungen und Statistiken eins und eins zusammen und schafft es, globale und komplex erscheinende Phänomene auf seine amerikanisch-pragmatische Art zusammenzufassen. Downsize This! ist somit ein Buch für alle, die sich davon überzeugen möchten, dass es auch in den USA eine lebendige und humoristische Gesellschaftskritik gibt. Das Buch liest sich flüssig und ist für den etwas fortgeschrittenen Leser englischsprachiger Literatur leicht und mit Gewinn zu lesen. --Patrick Glaser weniger