"Ich muss mir nicht von anderen Leuten vorschreiben lassen, wann ich locker zu sein habe!" Man hört förmlich die knapp gebellte Antwort auf den Vorwurf des ewig lockeren Udo Lindenberg, das alles doch viel lockerer zu sehen. Anlass war ein Benefizkonzert, das finanziell aus dem Ruder zu laufen drohte. Es ist vermutlich diese Qualität, störrisch und unbeirrbar in der Durchsetzung seiner Ideale, die vor keiner Konvention kuscht, die Herbert Grönemeyer zum größten Künstler … mehrim deutschsprachigen Raum werden ließ. Auch angesichts dieser nun erschienenen Biografie lässt er jede Lockerheit vermissen. Der Star, der sein Privatleben streng unter Verschluss hält, ist gerichtlich gegen Hoffmanns unauthorisierte Erzählungen vorgegangen. Der Autor, dem außer einigen Ehemaligen niemand vom "inneren Zirkel" der Band zur Verfügung stand, war in seinen Recherchen lediglich auf Medienzitate Grönemeyers angewiesen. Dennoch hätte Deutschlands Rockstar Nummer eins kaum Grund zur Sorge haben müssen. Der wohlwollende Chronist (wie es scheint, auch eingefleischte Fan), legte sein Hauptaugenmerk nämlich eher auf Werkanalyse, Marketingstrategien, sowie den Arbeitsmodus des Künstlers. Die frühen Jahre als Bochumer Chorknabe, Fußballnarr, musikalischer Leiter und Schauspieler in Zadeks Truppe werden eher im Schnellwaschgang abgehandelt. Nach der Rolle im Erfolgsstreifen Das Boot, deutete noch alles auf eine brilliante Schauspielkarriere hin. Dann schmeckte die "Currywurst" nach erstem musikalischen Erfolg. Als schließlich Bochum 1984 am rußgeschwängerten Ruhrpotthimmel auftauchte, hatte der tiefe Westen seinen definitiven Soundtrack gefunden! Von "Männer" bis "Bleibt alles anders" -- Hoffmann ortet den musikalischen "Mythos Grönemeyer" auch im Spannungsfeld zwischen Volksnähe und Unnahbarkeit. Unmöglich für einen Biografen, die Ereignisse jener fürchterlichen Woche im November 1998 auszuklammern, in der Grönemeyer durch tragischen Krebstod erst seinen Bruder Wilhelm, dann Anna, die langjährige Gefährtin verlor. Erst 2002 sollte das großartige Album Mensch diesen mehr als leidvollen Jahren schmerzlichen Ausdruck verleihen. Womöglich erbosten den Künstler jene Passagen über die neue Frau an seiner Seite, die nach Jahren der Leere, in denen er selbst an seiner Musik zu zweifeln begann, neuen Sinn spendete. Zur Ehrenrettung Hoffmanns muss gesagt werden, dass er auch diese in der einschlägigen Presse marktschreierisch herausgeblökte Meldung durchaus diskret abhandelt. Doch Grönemeyer wird auch dies vermutlich nicht so locker sehen. --Ravi Unger weniger