Wie lange brauchte die schnellste Schweizerin, um einen Marathon zu bewältigen? Welches Getränk wird Marathonläufern im Zielraum empfohlen? Was macht einen guten Laufschuh aus? Wie kam es zur "klassischen" Marathondistanz von exakt 42,195 Kilometern? Antworten auf diese und noch zirka tausend weitere Fragen hat der Lauf-Journalist Heiner Boberski zusammengetragen. Um dem viel beschriebenen "Mythos" des Langstreckenlaufes neue Fassetten abzugewinnen, hat sich der Autor … mehrfür eine ungewöhnliche Zusammenstellung entschieden: Nach einem amüsanten Schlaglicht auf die antiken Vor-Läufer hechelt er buchstäblich sämtliche olympischen Marathon-Bewerbe der Neuzeit durch: Wer war Favorit, wer hat wo attackiert, wer hat letztendlich gewonnen. Gewürzt wird diese anekdotenreiche Chronologie durch Porträts besonders herausragender Athleten wie etwa dem Äthiopier Abebe Bikila, der 1960 in Rom bloßfüßig zu Olympia-Gold gelaufen war. Erstaunliches auch im Kapitel über laufende Frauen: Die ersten mußten sich undercover in die ausschließlich Männern vorbehaltenen Wettbewerbe schmuggeln. Dem folgt eine Darstellung der verschiedenen Lauftraditionen auf allen Erdteilen, samt Beschreibungen der wichtigsten Marathon-Veranstaltungen. Die besten Passagen finden sich allerdings im letzten Drittel des Buches. Hier liefert Boberski ein alltagserprobtes Konzentrat aus dutzenden Laufratgebern. Besonders sympathisch: Statt ausgeklügelte Trainings- und Ernährungstabellen liefert er eine Anleitung zur Wiederentdeckung des Hausverstandes und eine Ermunterung, den eigenen Weg zu finden. Dabei verschweigt er nicht, was andere zu erwähnen gerne vergessen: Dass nämlich Laufen nicht nur gesund, modern und meditativ ist, sondern auch ein anstrengendes Anrennen gegen den inneren Schweinehund sein kann. Insgesamt ist Mythos Marathon ein enorm faktenreiches Buch, das sich durch seine Unaufgeregtheit angenehm von den Bibeln der aktuellen Laufgurus unterscheidet. --Günther Strauss weniger