Wenn Kondome sprechen könnten. Nun, das Prophylacticus Americanus (das so genannte Amerikanische Kondom) kann es: "Ein blendender Lichtstrahl trifft mich, als ich befreit werde, ich spüre einen prickelnden Strom kühler Luft, und dann verliere ich mich im Gefühl (...) jetzt geht's hinein, hinein." Es mag überraschen, eine Anthologie zum Kondom vorzulegen, aber die hier versammelten Texte völlig unterschiedlicher Machart beweisen, dass nicht nur das "kleine Schwarze" oder … mehrdie "High Heels" literaturtauglich sind. Von Allgegenwart ist die Rede: optische Vielfalt, aromatische Variationen, haptische Abwechslung. Man könnte meinen, es handle sich um ein exotisches Nahrungsmittel und nicht um das Ding, wonach im Dunkeln im allerletzten Moment gesucht wird und dem Benutzer auch in Situationen erhöhter Erregung gewisses rudimentäres handwerkliches Geschick abverlangt. Warum also kein Buch über das Kondom schreiben?, so fragten sich die Herausgeber und machten sich auf die Suche nach geeigneten Kondom-Beiträgen. Und es ist imposant, womit sie hier aufbieten können. Von Coraghessan Boyles "Ganzkörperkondom" über John Irvings oraler "natureller"-Alternative bis hin zu einem Präser-Knigge kann man hier einer kleinen Kulturgeschichte der Sexualität der letzten 20 Jahre folgen. Welche Rolle spielt das Gummi bei einer "Karriere als Ehebrecherin"? Kann ein Vampir auch mit Latex? Welche Emotionen empfindet eigentlich das Kondom selbst? Kennt es Depressionen? Entgegen den Erwartungen, die der flapsige Titel und der fröhliche Bucheinband zunächst vermitteln, ist dies kein Juxbuch. Denn die Geschichten erzählen neben vielen witzigen Anekdoten auch von Angst, von Krankheit, von Destruktion, von Sehnsucht. Mag es einmal die Liebe gewesen sein, wie Casanova philosophiert, "die diese kleinen Überzieher ersann, als sie sich mit der Vorsicht verband", so ist das Kondom heute zu einem ganz alltäglichen Bestandteil unseres Lebens geworden. --RJ Poole weniger