Weg mit dem unverständlichen Fachjargongefasel! Weg mit dem Schnickschnack von richtigem Trinkgefäß und korrekter Verköstigungstemperatur! Wein schmeckt zur Not auch aus der Flasche. In Stuart Pigotts kleiner genialer Weinführer geht's am Anfang ganz schön stürmisch zu: Da wettert der Autor gegen die vielen anderen Weinführer, deren Pseudo-Objektivität und sinnlose(r) Faktenüberfluss ihn zum Überschäumen bringen. Der in London geborene Weinjournalist … mehrbetrachtet den Rebensaft nüchtern als vergorenen Traubenmost. Und wenn es sich darum dreht, dann will er's möglichst einfach, kompakt und übersichtlich, auch wenn's dadurch nicht so vielfältig sein kann. Dass Geschmack immer subjektiv ist, wissen auch seine Kollegen, Pigott aber macht daraus sein Gesetz Nummer eins. Und so stattet er denn auch sein Büchlein im Format von ca. 19x10 cm konsequent mit einem extra Bereich aus, indem die interessierten Leser jeweils ihre eigenen Wertungspunkte eintragen können. Neben die Pigottpunkte, versteht sich, denn Bewertungen nimmt natürlich auch er vor. Im typisch pigottschen Gestus ist hier zum Beispiel die Rede von Abzocke und Geschmack von gekautem Bleistift , wenn's nicht mundet und viel Zeugs, viel Schmackes , wenn es mundet. Anders als Der kleine Johnson 2006 (ähnliches Format, aber doppelt so dick), in dem die Weine noch herkömmlich nach einzelnen Anbaugebieten untergliedert werden, purzeln sie in Stuart Pigotts kleiner genialer Weinführer geographisch bunt durcheinander. Hier werden sie nur in trockene und süße Weine (rot, rosé, weiß und als Schaumwein) unterteilt und alphabetisch aufgelistet. Dazu gibt es Extrakapitel zu deren angebliche(r) Wein-Weltspitze über 50 . Hilfreich bei der Beschaffung der Tropfen ist die Liste von Pigotts Lieblingsweinhändlern in Deutschland, die er auf Bitten seiner Fans der neuesten Ausgabe angefügt hat. Fünf Gesetze stellt er zum Wein auf und fügt die zehn größten, dümmsten und schlimmsten Wein-Irrtümer hinzu. Lassen Sie sich nicht einschüchtern! So könnte Pigotts Motto an alle Weininteressierten auch lauten. Stehen Sie zu dem, was sie mögen und drücken Sie es so aus, wie's ihnen gefällt. Wer's locker-flockig mag, dem wird der Pigott zusagen, alle anderen bleiben bei den herkömmlichen Weinführern, denn über Geschmack lässt sich nun mal nicht streiten. -- Anne Hauschild weniger