Schlimmer hätte es für Howard Belsey aus Boston scheinbar gar nicht kommen können. Nicht nur, dass sich sein Sohn Jerome bei einem Aushilfsjob in den Ferien bei Monty Kipps in London eingenistet hat -- seinem schärfsten Konkurrenten also, der ihm mit seinem Rembrandt-Buch den Rang abgelaufen und ihm als Kunstgeschichtler die größte Schmach seines Lebens eingebracht hat. In seinen Emails aus der Ferne schwärmt Jerome auch vom perfekten Zusammenhalt und der für ihn … mehrunglaublichen Harmonie des Kipps'schen Haushalts. Und dann teilt er seinem Vater auch noch mit, dass er Montys Tochter Victoria zu heiraten gedenkt und ihr in den nächsten Tagen einen Antrag machen möchte. Völlig aufgebracht reist Belsey auf die die Insel, wobei ihn die Nachricht von der Abfuhr Victorias nicht mehr erreicht, tappt bei den Kipps von einem Fettnäpfchen ins nächste -- und muss schließlich noch mit ansehen, wie sein Erzfeind an seine Uni berufen wird, die Familie in der Nähe einzieht und sich seine Frau Kiki mit der Frau von Kipps befreundet. Es kommt also noch viel schlimmer, und für Belsey beginnt ein privater und beruflicher Alptraum, aus dem es kein Erwachen zu geben scheint. Nach ihrem Sensationsdebüt Zähne zeigen hat man von der 30-jährigen Londoner Autorin Zadie Smith einiges erwartet. Ihr Nachfolgeroman Der Autogrammjäger war da in gewisser Weise ein Rückschritt -- auch wenn er Passagen enthielt, die schlichtweg großartig waren. Mit Von der Schönheit ist Smith nun nicht nur auf der Höhe ihres Erstlings angekommen, sie schießt noch weit darüber hinaus. Fast scheint es, als hätte man das reife Spätwerk eines Philip Roth oder eines Ian McEwan vor sich, so gut sitzt jeder Satz. Dabei hat sich Smith wieder ganz und gar darauf konzentriert, was sie am besten kann: die stille, niemals aufgesetzt wirkende Schilderung von Figuren, die weniger Typen und Charaktere sind, sondern vielmehr wie Menschen aus Fleisch und Blut erscheinen -- mit allen Makeln, Sorgen und Nöten, die lebende Menschen eben so haben. Von der Schönheit ist ein ebenso kluger wie humorvoller College-, Familien-, Entwicklungs- und Generationenroman, wie es ihn lange schon nicht mehr gegeben hat. --Isa Gerck weniger