Hintergrundinformationen zu Straw Dogs - Wer Gewalt sät... Sams Peckinpahs englischer Western Straw Dogs basiert auf einem recht trivialen Roman von Gordon Williams: The Siege of Trenchers Farm. Die Geschichte erzählt von einem amerikanischen Mathematikprofessor, der mit seiner englischen Frau in deren Heimatort übersiedelt. Die Einheimischen begegnen den Neuankömmlingen mit Distanz und Misstrauen. Die Situation eskaliert, als der Professor einem entflohenen … mehrKindermörder in seinem Haus Unterschlupf gewährt: Es kommt zu einem Gemetzel. Peckinpah war von dem Stoff zunächst nicht sehr angetan, doch die territorialen Aspekte der Geschichte sprachen ihn an. Durch Strother Martin hatte er die Schriften des amerikanischen Anthropologen Robert Ardrey kennen gelernt. Der ehemalige Drehbuchautor hatte in African Genesis (1961) und The Territorial Imperativ (1966) die Gewaltbereitschaft des Menschen untersucht und einige umstrittene Thesen aufgestellt. So führte er die Brutalität des Menschen auf die Evolution und seine animalische Herkunft zurück. Die Behauptung, dass Männer letztendlich um Gebiete und nicht um Frauen kämpfen, wurde zu einem der vielen Motive von Sam Peckinpahs sechstem Kinofilm. Im Herbst 1970 begab sich Sam Peckinpah nach England, um mit der Vorproduktion zu beginnen. Er testete Schauspieler und stellte eine neue Crew zusammen, da er der englischen Gesetze wegen seine gewohnten Mitarbeiter nicht mitbringen konnte Sein Freund Kelley war es, der für Peckinpah den chinesischen Philosophen Lao-Tse zitierte: Himmel und Erde sind unbarmherzig und behandeln die unzähligen Kreaturen wie Strohhunde. Der Weise ist unbarmherzig und behandelt die Menschen wie Strohhunde. Die aus Strohbündeln gefertigten Hundepuppen waren Bestandteil eines alten chinesischen Rituals: Sie wurden zunächst verehrt und danach verächtlich ins Feuer geworfen. Sam Peckinpah hatte den Titel für seinen neuen Film gefunden: Straw Dogs. Die schwierige Rolle der Amy Sumner besetzte Peckinpah mit der erst 20-jährigen Susan George. Um ihr die Zusage mitzuteilen, bestellte man sie in das Produktionsbüro. Dort erwartete sie ein eigenartiges Szenario: Sie sah Sam Peckinpah, Dustin Hoffman und Dan Melnick sich lautstark anschreien und das mit heruntergelassenen Hosen! Zunächst schien keiner von ihrem Erscheinen Notiz zu nehmen. Erst nachdem die drei Männer ihr seltsames Verhalten auf die Spitze getrieben hatten, drehten sie sich zu Susan George um und sagten, die Hosen immer noch heruntergelassen: Willkommen an Bord, Amy. Die Dreharbeiten begannen am 28. Januar 1971 in St. Buryan - einem kleinen an der Südwestküste Englands. Die Dreharbeiten gestalteten sich von Anfang an sehr problematisch: Peckinpah bekam eine schlimme Grippe, so dass er nicht in der Lage war, seine gewohnten Leistungen zu erbringen. Doch nicht Peckinpahs üblicher Alkoholgenuss war der Grund. Statt sich auszukurieren, verschleppte Sam die Grippe, die sich zu einer schweren Lungenentzündung entwickelte. Mit 40 Grad Fieber wurde der Regisseur schließlich in ein Krankenhaus eingewiesen. Die Dreharbeiten wurden unterbrochen. Das Filmprojekt war nun ernstlich gefährdet, und man überlegte, einen anderen Regisseur zu verpflichten. Den Ärzten gelang es jedoch, Peckinpah wieder rechtzeitig auf die Beine zu bringen und nachdem er gelobt hatte, auch seinen Alkoholkonsum drastisch zu verringern, setzte er seine Arbeit fort. Zusammen mit John Coquillon gelang es dem Regisseur, dem Film eine optische Qualität von höchster Dramatik zu verleihen, die so speziell und innovativ war, dass gute neun Jahre nach RIDE THE HIGH COUNTRY (Sacramento, 1961) erneut ein Cutter mit dem Material nicht zurecht kam. Der Engländer Norman Savage, er hatte für David Lean DOCTOR ZHIVAGO (1965) und RYANs DAUGHTER (1970) geschnitten, setzte sich über Peckinpahs Kopf hinweg mit der Produktionsfirma in Verbindung und behauptete, das Material wäre unbrauchbar. Martin Baum und Dan Melnick waren sich allerdings der außergewöhnlichen Qualität bewusst und so ersetzten sie den Cutter. Peckinpahs Verhältnis zu Dustin Hoffman war trotz des gegenseitigen Respekts nicht unkompliziert: Der Regisseur konnte mit der Arbeitsweise des New Yorker Method Actor nicht viel anfangen und eines Tages, als Hoffman über das Seelenleben des zu verkörpernden Charakters sprechen wollte, erwiderte Peckinpah nur: Just do your little number, kid.... Als sich beide aneinander gewöhnt hatten und sich besser verstanden, kamen auch einige Gemeinsamkeiten zu tage: Ähnlich wie Peckinpah genoss es Dustin Hoffman, hinter der Kamera stehend seine Kollegen durch allerlei Unfug zu spontanen Reaktionen zu bewegen. Mal saugte er am Stativ, mal ließ er seine Hose zu Boden gleiten. Im Gegenzug versuchte Peckinpah des öfteren, Hoffman vor laufender Kamera aufzulockern und zum Lachen zu bringen. Größere Probleme gab es mit Susan George, als die schwierige Vergewaltigungsszene gedreht werden sollte. Im Drehbuch war die Szene nicht in jede Einstellung aufgegliedert worden. Als die mittlerweile darüber nervös gewordene Susan George Details erfahren wollte, verweigerte ihr Peckinpah genaue Einblicke in seine geplante Vorgehensweise. Die junge Frau sah sich der Sache nicht gewachsen und beschloss, die Dreharbeiten vorzeitig zu beenden. Dan Melnick griff als Vermittler ein, so dass die Schauspielerin sich schließlich bereit erklärte, ihren vertraglichen Verpflichtungen nachzukommen. Als Peckinpah der Akteurin skizzierte, was er von ihr verlangen würde, war sie schockiert. Die Dreharbeiten für die Vergewaltigungsszene nahmen mehrere Tage in Anspruch. Da nur ein Ausschnitt des abgedrehten Materials schließlich im fertigen Film verwendet wurde, kann man sich als Außenstehender nur schwer vorstellen, wie schwierig und verstörend die Dreharbeiten insbesondere für die junge Frau gewesen sein mussten.. Für die Innenaufnahmen des Farmhauses zog das Team in die Londoner Twickenham Studios um. Hier konnte Peckinpah endlich das unberechenbare Wetter außer acht lassen und sich ganz auf seine Schauspieler und die schwierigen Action-Szenen konzentrieren. Dustin Hoffman bediente sich eines besonderen Hilfsmittels, um seinen Part bestmöglichst zu erfüllen: Für die Szene, in der mit einem Schürhaken auf den am Boden liegenden Cawsey einschlug, verwendete er eine Wassermelone, um das richtige Schlaggefühl zu bekommen. Da man trotz vieler Drehbuchüberarbeitungen nie ein passendes Ende für den Film gefunden hatte, improvisierten Peckinpah, Hoffman und Warner die Schlussszene während der Aufnahmen. Am 29.April 1971 waren die Dreharbeiten beendet und Sam Peckinpahs erster Spielfilm außerhalb des Western-Genres war im Kasten. Trotz seiner gesundheitlichen Probleme hatte der Filmemacher die Zeit genossen und neue Mitarbeiter für die Zukunft gewonnen. Sogar etwas mehr: Katy Haber hatte sich zwar vorgenommen, Beruf und Privatleben nicht zu vermischen, doch die lebendige Praxis machte einen Strich durch ihre Theorie. Sie folgte Peckinpah nach Amerika. BONNIE & CLYDE und THE WILD BUNCH hatten den Anfang gemacht, doch nun erreichte die Debatte über Gewalt auf der Leinwand neue Dimensionen. Außer Sam Peckinpahs Film wurden auch Stanley Kubricks A CLOCKWORK ORANGE (Uhrwerk Orange, 1971) und Don Siegels DIRTY HARRY (1971) heftig diskutiert. Sam Peckinpah wurde so sehr mit STRAW DOGS indentifiziert, dass viele Kritiker das gezeigte Verhalten der Filmcharaktere auf der Leinwand mit einer möglichen Lebensphilosophie des Filmemachers verwechselten. Das lag zum Teil auch am Vorspann des Filmes: Zum ersten Mal stand der Name des Regisseurs über dem Titel (Sam Peckinpahs STRAW DOGS). Er galt nun offiziell als Autheur, ein Begriff, der eher den europäischen Filmemachern und den Independents zugeordnet wurde. Im amerikanischen System ist die Kontrolle über die Aufgabenbereiche Produktion, Regie, Drehbuch und Schnitt nur wenigen A-Regisseuren überlassen worden. Sam Peckinpah war auf einem neuen Höhepunkt seiner Karriere angekommen. (Mike Siegel) weniger
Als Sam Peckinpahs Straw Dogs Anfang der Siebzigerjahre in die Kinos kam, löste er eine riesige Kontroverse aus. Die Gewaltdarstellung in dem Film sprengte für viele das Limit des Ertragbaren und löste Diskussionen aus, wie weit Kino überhaupt gehen darf. Heute braucht es Saw und Hostel, um die Zuschauer zu schockieren. Jetzt, wo diese Welle der Torture-Pornos wieder am Abklingen ist, kommt das ... weiterlesen