Die Königin des Kostüm-Dramas, Helena Bonham Carter, bekam in diesem exquisiten Film, der auf einer Novelle von Henry James basiert, endlich einmal die Gelegenheit, ihr Korsett nicht ganz so eng schnüren zu müssen. Doch keine Angst: Auch Die Flügel der Taube ist opulent ausgestattet (die Kostüme von Sandy Powell wurden 1999 für einen Oscar nominiert). Angesiedelt um die Jahrhundertwende (natürlich vom 19. zum 20. Jahrhundert), spielt dieses romantische Drama in … mehrLondon und Venedig. Inszenatorisch erinnert der Film an die Werke eines James Ivory, was durchaus überrascht, kommt Regisseur Iain Softley doch ursprünglich vom Videoclip und zeichnete bislang für Filme wie Hackers und die Beatles-Biografie Backbeat verantwortlich. Trotz der opulenten Ausstattung verliert sich Softley nicht in Bildern, sondern stellt die Geschichte in den Mittelpunkt des Geschehens. Und mit deren Thema könnten all die täglich ausgestrahlten Talkshows eine Woche lang ihr Programm füllen. Dieses Thema lautet, in einem Satz zusammengefasst: "Mein Liebhaber verführte eine todkranke Frau nur ihres Erbes wegen." Bonham Carter, die für ihre Darstellung mehrere Kritikerpreise gewonnen hat und sowohl für den Golden Globe als auch den Oscar nominiert wurde, ist in der Rolle der Kate zu sehen, die eine heimliche Liebesaffäre zu dem Journalisten Merton (Linus Roache) unterhält, dessen einfache Herkunft es ihr, der Frau aus der Oberschicht, jedoch unmöglich macht, ihn zu heiraten. Kates manipulierende Tante (Charlotte Rampling) zwingt sie mit allen Mitteln, diese Beziehung zu verleugnen, um sie mit dem standesgemäßen, wohlhabenden Lord Mark (Alex Jennings) zu verheiraten. Vollkommen überraschend ergibt sich für Kate jedoch eine -- wenngleich ziemlich geschmacklose -- Chance, aus Merton doch noch einen standesgemäßen Bräutigam zu machen. Diese Chance tritt in Form von Millie (Alison Elliott) in ihr Leben. Millie ist eine wohlhabende Amerikanerin und Freundin von Kate. Als Kate nun erfährt, dass Millie unheilbar krank ist und nicht mehr lange zu leben hat, überredet sie Merton, sich an Millie heranzumachen. Er soll ihr in den letzten Lebensmonaten ein bisschen Zärtlichkeit und Liebe geben und dafür ihr Vermögen erben. Widerstrebend willigt er in diesen Plan ein. Die Flügel der Taube ist einer der bestrezensierten angelsächsischen Filme der letzten Jahre. Und wie bereits Eingangs angesprochen: Vor allem Liebhaber der Filme von James Ivory werden sich an diesem Film erfreuen. Doch Vorsicht: Äußerlich mag Softleys Film wie ein Ivory-Werk aussehen, unterschwellig aber schlägt in Die Flügel der Taube das ungezähmte Herz moderner dramatischer TV-Serien wie Dawson's Creek . --Donald Liebenson weniger