Berlin war die Stadt, in die ging, wer von Heimweh geplagt wurde. Wer keinen anderen Platz mehr hatte. Oder keine Hoffnung. In der Sackgasse der Weltgeschichte breitete sich die "Berliner Krankheit" aus, jene Schrottplatzsymphonien, die Fatalismus-Priester wie die Einstürzenden Neubauten aus den Trümmern des Nachkriegswohlstands hämmerten. Bowie, Cave, Iggy Pop -- sie stilisierten in Berlin ihr Leiden an der Welt, gerade so als sollten ihre Biografien alle mit … mehrdemselben Satz enden: "Er ging nach Berlin, um zu sterben." Mittlerweile aber heißt es "Adieu Tristesse", denn das Berlin der Jahrtausendwende ist so vital wie keine andere Metropole der Welt. Das wunderbar naive Aufbruchsgefühl der unmittelbaren Nachwendejahre prallt auf eine neureiche Großmannssucht -- und doch können die beiden prima miteinander. Die musikalischen Szenen Berlins wirken heute wie ein Spiegel dieser Entwicklungen. Denn das streng isolationistische, elitäre Denken der einstigen Pop-Avantgardisten ist längst verdrängt worden von einem vielgliedrigen Netz kommunikationsfreudiger Musiker, die alles überschattende Trübsal von einst wich einer angenehm undogmatischen Unbekümmertheit. Pop made in Berlin traut sich endlich, genau das zu sein: Pop. Schillernd, mit großer Klappe, die Welt in die secondhandbekleideten Arme schließen wollend. Wie bemerkenswert vielfältig sich die Popstadt Berlin entwickelt hat, belegt dieser Sampler: 21 Bands sind im Filter der "Popagenten" hängen geblieben, einer Sendung der lokalen Pop-Factory Radio Fritz, deren Produzenten maßgeblich an der Zusammenstellung beteiligt waren. Dabei hat man durchaus von den Fehlern gelernt, die einst im Hype um die Hamburger Schule begangen wurden. Denn auch wenn der Titel nochmal auf das erste der neueren Popphänome in Deutschland eingeht, so verfolgt die Musik doch kein Schema, wurden die Bands nicht aufgrund ihrer Anpassungsfähigkeit an ein Wahrnehmungsmuster ausgewählt. Hier trifft ein distinguierter Pophit von Inga Humpes Projekt 2-Raum Wohnung auf die elektronische Breitwandvision von Commercial Breakup, die mit ihrer eigenen Naivität spielende Gitarrenpopband Viktoriapark passt prima neben die intellektuelle Hinterhand, aus der heraus No Underground ihren "City Boy" mit Ohrwurmingredienzien veredeln. Der Sound of Berlin sind die Sounds of Berlin -- unzählige Variationen des großen Themas Popmusik, produziert von einer Musikszene, die endlich auch mal stolz darauf ist, sich dem Rest der Welt präsentieren zu dürfen. --Björn Döring weniger
CD 1
01 - Wir trafen uns in einem Garten
02 - Walking back home
03 - Das Leben anderes Leben zu lassen
04 - Irgendwie klappt's nicht… mehr
05 - Ein guter Sommer
06 - Flugzeug nac n.z.
07 - Pophymnen
08 - Shoppen
09 - Als es passierte
10 - Die schen Mhen gibt es in Amsterdam
11 - n.y.c
12 - keine Melodien
13 - Verliebt in London
14 - Factory city
15 - Yellow rose
16 - City boy
17 - Probleme
18 - No harm
19 - Buddhistisch
20 - Simsalonauten
21 - Genial weniger