Amsterdam, 1628. Ein Handelsschiff mit beträchtlichen Reichtümern läuft aus mit Fahrtziel ostindische Kolonien, ins heutige Indonesien. An Bord ein Mann inkognito. Er behauptet, ein einfacher Handelsgeselle zu sein, in Wahrheit ist er ein Apotheker, ein Alchemist und Drogenexperte, der vor Unannehmlichkeiten flieht. So weit, so gut. Ein halbes Jahr später ist das Schiff vor Westaustralien gestrandet, das Gold auf dem Meeresboden und die Moral der bunten Truppe aus … mehrHändlern, See- und Edelleuten im Sinken begriffen. Heimtückisch wohltätig nimmt der Apotheker die Rolle des Oberhaupts an. Und beginnt, nach außen um das Wohl der Gestrandeten bemüht, das 40-tägige Terrorregime eines Menschenverachters. Wäre man zynisch, dieses Buch müsste nach Jules Vernes Reise um die Erde in 80 Tagen den Titel In 40 Tagen zur Hölle tragen. Tag für Tag, Kapitel für Kapitel, schildert Arabella Edge in ihrem Debütroman die Zersetzungsphasen der Menschlichkeit. Das Präsens ihres einfachen, bestechenden, hier und da mit barockem Pathos spielenden Stils, versetzt uns in die Perspektive eines Größenwahnsinnigen. Selbst der Leser hat es schwer, sich der kranken Perspektive des eitlen und gewaltbesessenen Anti-Christen zu entziehen. Bret Easton Ellis' Prada-Killer Patrick Bateman lässt grüßen. Apropos Verne: Arabella Edges erster Roman, für den sie in ihrer Heimat Australien 2001 den Commonwealth Writers Prize erhielt, ist keine Utopie. Ihre Geschichte basiert auf einer tatsächlichen Tragödie der Seefahrt und Menschlichkeit. Doch am Schluss geht dem Roman die Puste aus. Die Schilderungen lassen sich in ihrer Obszönität nicht ins Unermessliche steigern, die Spannung wird ein Opfer der Fallhöhe. An die psychologische und symbolische Dichte von William Goldings Insel-Trauma Herr der Fliegen reicht Der Unmensch nicht. Immerhin: Golding hat über seinen Roman gesagt: "Der Zustand einer Gesellschaft hängt vom sittlichen Bewusstsein des einzelnen und nicht von irgendeinem politischen System ab." Quod erat demonstrandum. --Nikolaus Stemmer weniger